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Konkurs der Stammzellbank Geschäftsführer von Cryo-Save musste in Untersuchungshaft

Langsam kommt Licht ins Dunkel rund um den Konkurs der Schweizer Stammzellbank Cryo-Save. Nachdem die Firma letzten Sommer pleite ging, tauchte der Geschäftsführer unter. Er wurde in Genf in Untersuchungshaft gesetzt. Viele Stammzellen-Proben bleiben aber unauffindbar.

Zurzeit durchleben Tausende Familien in der Schweiz und ganz Europa schwierige Zeiten. Seit dem Konkurs der privaten Stammzellbank Cryo-Save wissen viele von ihnen nicht, was mit ihren eingelagerten Stammzellen passiert ist. Zwar hat Cryo-Save vor dem Konkurs die in Genf eingelagerten Stammzellen mehrheitlich in eine polnische Stammzellenbank nach Warschau überführt. Doch ein Teil der Stammzellen ist seither nicht mehr auffindbar.

Angst vor Missbrauch der Stammzellen

Betroffen ist auch die Aargauerin Stefanie Pirri. Sie liess für 10'000 Franken Stammzellen ihrer drei Kinder in Genf bei Cryo-Save als Vorsorge für die Zukunft einlagern. Im Falle von gesundheitlichen Komplikationen können diese Zellen beispielsweise zur Therapie von Leukämie, MS oder Augenkrankheiten eingesetzt werden.

Von der polnischen Stammzellenbank Famicord, wo ein Teil der Proben eingelagert sind, erhielt sie zwar die Bestätigung, dass die Stammzellen ihrer Zwillinge Mia und Emilia noch vorhanden sind. Aber von den Proben ihres erstgeborenen Sohnes Romeo fehlt jede Spur. «Es ist einfach nur schlimm für uns. Vor kurzem wurde ja in China ein Baby geklont. Man darf sich gar nicht vorstellen, was mit unseren Stammzellen angestellt werden könnte», so Pirri. Auf dem Schwarzmarkt sei solches Material viel Geld wert.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Chef

Nach einer Strafanzeige des Bundesamtes für Gesundheit ermittelt die Genfer Staatsanwaltschaft nun gegen den Cryo-Save-Geschäftsführer Frederic Amar unter anderem wegen betrügerischem Konkurs und Verstössen gegen das Transplantationsgesetz. Die Firma hatte Stammzellen von 250'000 Familien aus ganz Europa eingelagert. Rund ein Zehntel dieser Proben wurde gar nicht erst nach Polen zur Stammzellenbank Famicord ausgelagert.

Wo diese Stammzellen nun sind, ist unklar. Laut Medienberichten könnte ein Teil in einem Labor in Portugal sein und ein Teil in Holland. Das will die Genfer Staatsanwaltschaft nun ermitteln. Sie hat den Geschäftsführer der konkursiten Stammzellenbank im Januar einen Monat lang in Untersuchungshaft gesetzt und erste Befragungen durchgeführt. Ob es zu einer Anklage vor Gericht kommt, ist offen. Die Staatsanwaltschaft will sich dazu derzeit nicht äussern.

Der Cryo-Save-Geschäftsführer wurde mittlerweile unter Auflagen freigelassen. Er muss den Behörden weiterhin zur Verfügung stehen. Medienanfragen beanwortet der 56-Jährige keine.

Auf der Suche nach Schweizer Stammzellen in Polen

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Rund zehn Prozent der bei Cryo-Save in Genf eingelagerten Stammzellen sind nicht mehr auffindbar. Und ein Teil der Proben, welche nach Polen zur Stammzellenbank Famicord transportiert wurden, waren so schlecht beschriftet, dass sie noch nicht einer Familie zugeordnet werden konnten. 10vor10 hat die Labors von Famicord in Warschau besucht und mit dem Geschäftsführer Jakub Baran gesprochen. «Die Situation ist nicht einfach. Cryo-Save hat ein ziemliches Chaos hinterlassen. Wir versuchen nun, wieder Ordnung hineinzubringen», so Baran. Es könne aber noch Monate dauern, bis alle betroffenen Familien des Cryo-Save-Konkurses informiert sind, ob ihre Stammzellen überhaupt in Polen sind oder nicht.

Angesprochen auf diese Kritik weist Alexandra Volz vom BAG darauf hin, dass sich betroffene Familien auf der Homepage des BAG über den aktuellen Stand betreffend Cryo-Save informieren können. Zurzeit würde auch ein Informationsaustausch mit den polnischen Behörden und der polnischen Stammzellenbank Famicord vorbereitet.

Interpellation beim Bundesrat

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Mittlerweile hat die Nationalrätin Sophie Michaud Gigon (Grüne/VD) beim Bundesrat eine Interpellation eingereicht. Sie will, dass private Stammzellenbanken in der Schweiz besser reguliert werden: «Es gibt viele Unklarheiten in diesem Bereich. Aus meiner Sicht gibt es grossen Handlungsbedarf, die gesetzlichen Bestimmungen müssen verschärft werden».

Die Chancen dazu stehen gar nicht schlecht. Laut Alexandra Volz vom Bundesamt für Gesundheit steht dieses Jahr eine Teilrevision des Transplantationsgesetzes an, in welchem auch der rechtliche Rahmen für Stammzellenbanken geregelt wird. «Im Rahmen der Vernehmlassung wird der Bund nun eine Verbesserung der gesetzlichen Bestimmungen prüfen», so Volz.

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