Rund eine Million Lastwagen, Sattelschlepper, Lieferwagen und Busse durchqueren jedes Jahr die Schweizer Alpen. Doch viele dieser Fahrzeuge sind mit gravierenden Mängeln unterwegs.
Die neuesten Zahlen des Bundesamts für Strassen (Astra) zeigen: Fast 25'000 Lastwagen wurden letztes Jahr gebüsst. Weil sie zu schwer waren, technische Defekte hatten oder der Chauffeur zu lange unterwegs war. Fast 5000 Fahrzeuge wurden gleich aus dem Verkehr gezogen.
Ripshausen prüft bis zu 80 Fahrzeuge täglich
Augenschein in Ripshausen im Kanton Uri. Im grössten von acht Schwerverkehrszentren der Schweiz. 70'000 Quadratmeter Asphalt. Hier gibt es Platz für fast 500 Lastwagen.
Am «Truckstopp Gotthard» kommt auf der Fahrt Richtung Süden niemand vorbei. Es ist das Nadelöhr des Schwerverkehrs. Lastwagen um Lastwagen lotst das Astra in Erstfeld von der A2 auf das Areal. Bis zu 1500 Fahrzeuge sind es täglich.
Deren Kontrolle erfolgt stichprobenmässig. «Zwischen 60 und 80 Fahrzeuge pro Tag schauen wir uns genauer an», sagt Stefan Simmen, Abteilungsleiter des Schwerverkehrszentrums Ripshausen. «Die Auswahl hängt davon ab, ob ein Fahrzeug, der Lenker oder die Ladung auffällig ist.»
Das Ziel von Simmen und seinem Team: Nur fahrtüchtige Gefährte sollen über die Gotthard-Route. «Durch unsere Kontrolle wird die Sicherheit auf der Strasse gesteigert», sagt Simmen. «Was nicht den Vorschriften entspricht, fährt nicht.»
Der erste Kontrollposten ist die Waage
Das Schwerverkehrszentrum Ripshausen registriert allerdings täglich Fälle von Fahrzeugen, die auf der Strasse nichts verloren haben. Und von Lenkerinnen und Lenkern, die gegen die Ruhezeiten verstossen. Neuerdings gebe es auch immer häufiger technische Mängel, sagt Simmen. «Etwa Manipulationen von Abgasreinigungsanlagen.»
Was nicht den Vorschriften entspricht, fährt nicht.
Spreu vom Weizen trennt zunächst die Waage. «Sie zeigt uns innerhalb von wenigen Minuten, ob ein Fahrzeug zu lang, zu breit, zu hoch oder zu schwer ist», sagt Simmen. Aber auch die menschliche Expertise sei gefragt: «Riecht es irgendwo schlecht? Tönt etwas komisch? Hängt der Chauffeur vielleicht in den Seilen?»
Kostendruck verleitet zum Tricksen
Ein Lastwagen mit italienischem Nummernschild fährt bei der Kontrollstelle vor. Ein Angestellter prüft die Papiere des Chauffeurs, ein Kollege kontrolliert die Reifenprofile, kriecht zwischen die Räder, sucht nach Auffälligkeiten. Der Lenker gibt sich gelassen. Solche Kontrollen seien normal, sagt er.
Ein Berufskollege aus Polen wirkt etwas nervöser. Sein Lieferwagen wird gerade einem Bremstest unterzogen. Diese Kontrollen seien stressig für ihn, sagt er und schüttelt den Kopf. Dafür habe er keine Zeit.
Zeit ist Geld. Und der Kostendruck ist hoch im Transportgeschäft. Darum gebe es noch immer Unternehmen, die Fahrzeuge losschickten, obwohl sie nicht fahrtauglich seien – um Geld zu sparen, sagt Stefan Simmen.
Jene Transportfirmen, die allerdings erwischt werden, kommt dies oft teuer zu stehen. Denn entweder bleiben ihre Lastwagen in Ripshausen, bis sie repariert sind. Oder sie werden abtransportiert und andernorts auf Vordermann gebracht – gerade, wenn es sich um ausländische Fahrzeuge handelt.
Der italienische Lastwagenchauffeur hatte Glück: Er kann den Gotthardtunnel ansteuern. Anders sieht es beim polnischen LKW-Lenker aus. Eine Reparatur steht an. Eine Zwangspause, auf die er lieber verzichtet hätte.