«Le Matin» ist die meistgelesene Bezahlzeitung in der französischsprachigen Schweiz – sie liegt in jedem Bistro auf. Nun droht der gedruckten Ausgabe der Zeitung, die der Zürcher Tamedia-Verlag (Tamedia Publications romandes) herausgibt, das Ende innert zwei Jahren.
Wie der Chefredaktor von «Le Matin», Grégoire Nappey, Anfang Dezember auf seinem Facebook-Profil schrieb, sei zwar noch kein Entscheid gefallen. «Aber die Strategie des Verlegers ist, bis in zwei Jahren gibt es die Zeitung ‹Le Matin› nur noch digital.» Dies sei schwierig für das Personal.
Journalist: «Weniger Geld für Aktionäre, mehr für Journalismus»
Rund 150 Westschweizer Journalisten von Tamedia gingen im Dezember in Lausanne auf die Strasse, um gegen die Pressekonzentration in der Westschweiz zu kämpfen.
Gegenüber «Schweiz aktuell» sagt der Journalist Fabiano Citroni: «Wir fordern, dass die Aktionäre ein bisschen weniger erhalten, um dieses vorhandene Geld im Verlag in den Erhalt des Journalismus investieren.»
Tamedia Westschweiz betont, man habe in den letzten zwei Jahren 100 Millionen Franken Werbeeinnahmen im Printbereich verloren. Obwohl Tamedia profitabel sei, könne man nicht die defizitären Pressetitel wie «Le Matin» oder die «Tribune de Genève» innerhalb des Konzerns querfinanzieren.
«Kein Entscheid zu ‹Le Matin› gefällt»
Ariane Dayer ist seit Anfang Jahr Chefredaktorin der neuen Westschweizer Grossredaktion von Tamedia. 60 Journalisten schreiben neu in Lausanne für die Lausanner «24 heures», die überregionale Sonntagszeitung «Le Matin Dimanche» und die Genfer «Tribune de Genève».
Auf die Frage, ob «Le Matin» eingestellt werde, sagt Dayer: «Die Information, die ich habe ist: Die Direktion hat noch nicht entschieden, den ‹Le Matin› einzustellen.»
Dayer verteidigt dabei den Newsroom: «Wir können dank der Konzentration der Kräfte mehr Recherchen bringen, indem wir ressortübergreifend Journalisten auf ein Thema ansetzen.» Mehr Personal hat die Redaktion aber nicht.
Genfer Regierung: «Strategie macht keinen Sinn»
François Longchamp, Präsident der Genfer Kantonsregierung, sagt dazu: «Die Ersten, die sich wunderten, dass künftig aus Lausanne und nicht mehr hier aus Genf über sie berichtet wird, war die UNO! Die Strategie von Tamedia macht keinen Sinn. Wir fürchten, dass in Zukunft zudem noch Stellen abgebaut werden.»
Auch der Sprecher von Tamedia Westschweiz, Patrick Matthey, kann nicht entwarnen: «Wir können nicht garantieren, dass es in den nächsten zwei Jahren keine Entlassungen gibt.»