Ein Vorfall in der Gemeinde Eschenbach SG beschäftigt die ganze Schweiz: An der Primarschule Goldingen wollte sich eine junge muslimische Frau, die ein Kopftuch trägt, als Lehrerin anstellen lassen. Nach Protesten einiger Eltern knickte die Gemeinde ein und verzichtete darauf, die Frau anzustellen.
Da stellt sich die Grundsatzfrage: Sind religiöse Symbole im Schulzimmer zulässig?
Die Schule soll ein religiös neutraler Ort sein. Das ist die eindeutige Haltung des Dachverbandes der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH). Deshalb müssten sich Lehrerinnen und Lehrer im Schulzimmer neutral verhalten und neutral auftreten, sagt Vizepräsident Christian Hugi. «Dazu gehört zum Beispiel auch der Verzicht auf religiöse Symbole.»
Denn in einem Schulzimmer herrsche immer eine gewisse Einflusssituation. Dabei können religiöse Symbole von Lehrerinnen und Lehrern eine Wirkung entfalten, selbst wenn diese das gar nicht beabsichtigten. «Lehrpersonen haben hier eine neutrale Haltung zu haben, um die Schülerinnen und Schüler nicht unstatthaft zu beeinflussen, damit sie sich frei entwickeln können», sagt LCH-Vizepräsident Hugi.
Zwei Punkte sind für Hugi wichtig: Erstens sei für seine Organisation klar, dass es nicht nur um das muslimische Kopftuch gehe. Lehrpersonen sollten generell auf das Tragen religiöser Symbole verzichten – also auch auf ein sichtbares Kreuz an einer Halskette oder auf die jüdische Kippah. Zweitens gelte der Verzicht auf religiöse Symbole nur für die Lehrerpersonen, nicht aber für die Schülerinnen und Schüler. Denn sie seien nicht in einer berufsausübenden Rolle wie die Lehrpersonen, sondern Privatpersonen.
Kantonaler Flickenteppich
Der Verband der Schweizer Schulleiterinnen und -leiter vertritt im Wesentlichen eine ähnliche Position wie Hugi und der Lehrerverband. Die Schulleitungen machen aber ein paar Einschränkungen.
Die Frage, ob Kopftuch oder nicht in der Schule, ist eine Diskussion, die auf politischer Ebene geführt werden muss.
So weist Thomas Minder, Präsident des Schulleiterverbandes, darauf hin, dass die gesetzliche Regelung nicht ganz eindeutig sei. In einigen Kantonen sei Lehrpersonen das Tragen religiöser Symbole in der Verfassung verboten. In anderen Kantonen gebe es Empfehlungen und wiederum in anderen gar keine Vorgaben. Das mache es anspruchsvoll, sagt Minder.
Ausserdem gibt es im schulischen Alltag gewisse Unterschiede. Lehrer mit Kreuzkette dürften in der Praxis eher geduldet werden als Lehrerinnen mit Kopftuch. Und gleichzeitig geht Thomas Minder davon aus, dass es in der Schweiz auch einzelne Fälle gibt, in denen muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch an einer Volksschule unterrichten.
Zwar gibt es ein bald dreissigjähriges Bundesgerichtsurteil, in dem das höchste Gericht das Kopftuchverbot für eine Lehrerin unterstützte. Aber – und das verlangt der Schulleiterverband – diese Frage müsse jetzt grundlegend geklärt werden. «Die Frage, ob Kopftuch oder nicht in der Schule, ist eine Diskussion, die auf politischer Ebene geführt werden muss», fordert Minder.
Diesem Wunsch dürfte die Politik in naher Zukunft nachkommen. Denn das SVP-nahe Egerkinger Komitee erwägt eine Volksinitiative zu lancieren, die muslimische Kopftücher an allen staatlichen Schulen in der Schweiz verbieten würde – vom Kindergarten bis zur Hochschule und für Lehrerinnen sowie Schülerinnen. Es wäre eine weitgehende Forderung, die aber die politische Diskussion entfachen wird.