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Kostbare Funde Gletscherschmelze legt steinzeitliche Werkzeuge aus Kristall frei

Die Gletscherschmelze legt Werkzeuge aus Kristall frei – und gibt Einblicke in den Alltag steinzeitlicher Menschen.

Auf den ersten Blick sehen sie aus wie winzige Glassplitter. Aber unter der Lupe betrachtet entpuppen sich diese als filigrane Werkzeuge aus Kristall. Sie stammen aus der Steinzeit und sind aktuell im Stockalperschloss in Brig VS ausgestellt.

Eine Lupe zoomt einen Kristall heran.
Legende: Im Zoom: mittelsteinzeitliche Werkzeuge aus Bergkristall. Valentin Luthiger/Urner Institut Kulturen der Alpen

Kristallklüfte gibt es in Europa seit Millionen von Jahren – das ist hinlänglich bekannt. Doch dass die Menschen dort bereits vor 8000 Jahren Kristalle abgetragen und bearbeitet haben, diese Erkenntnis ist neu.

Hirschgeweih half bei der Recherche

«Erst die Gletscherschmelze hat die Kristallwerkzeuge hervorgebracht», erklärt Archäologe Marcel Cornelissen. Ein bekannter Fundort sei etwa die Stremlücke auf der Kantonsgrenze zwischen Graubünden und Uri oder das Val de Bagnes im Wallis.

Eine Frau hält einen Bergkristall in die Kamera.
Legende: Archäologinnen mit einem mittelsteinzeitlichen Werkzeug aus Bergkristall auf der Fundstelle nahe der Unteren Stremlücke. Valentin Luthiger/Urner Institut Kulturen der Alpen

In der Stremlücke war es ein Strahler, der die geschliffenen Kristalle gefunden hat. Für ihn sei sofort klar gewesen, dass diese sehr alt sein müssen, sagt Marcel Cornelissen. Denn: In der Kristallkluft lag noch ein Hirschgeweih. Also Material, das sich für gewöhnlich rasch zersetzt, wenn es an der Luft ist. Nur das Eis konnte es so lange konservieren.

Wallis setzt auf Icewatcher-App

Der Strahler gab die Kristalle an die Forschenden rund um Marcel Cornelissen weiter – und diese konnten das Alter des Geweihs bestimmen: Etwa 8000 Jahre alt. Und somit war auch klar, dass die Menschen bereits damals Kristall abgebaut hatten.

Es ist traurig zu wissen, dass wahrscheinlich nur ein Bruchteil der Kristallwerkzeuge entdeckt wird.
Autor: Marcel Cornelissen Archäologe

Ist die Gletscherschmelze also ein Glücksfall für Archäologinnen und Archäologen? «Auf der einen Seite, ja. Aber es ist auch traurig zu wissen, dass wahrscheinlich nur ein Bruchteil der Kristallwerkzeuge entdeckt wird», sagt Marcel Cornelissen. Und doch: Je rascher die Gletscher schmelzen, desto eher kommen Fundstücke zum Vorschein – wenn sie denn überhaupt entdeckt werden.

Vier Personen legen Kristalle in Plastiksäckchen.
Legende: Archäologinnen und Archäologen graben am Oberalpstock UR/GR in 2800 Metern Höhe nach Spuren der ersten Strahler. Valentin Luthiger/Urner Institut Kulturen der Alpen

«Der Kanton Wallis hat dafür die Icewatcher-App entwickelt, mit der Leute Funde melden können», sagt Cornelissen und fügt an: «Wir Archäologen können nicht neben jeden Gletscher stehen und warten, bis das Eis etwas freilegt.» Die Forschenden seien auf die Unterstützung Dritter angewiesen. Denn: «Wenn wir das Erbgut nicht rechtzeitig bergen können, ist es weg.»

Ausstellung «Bergeis-Strahlen der Steinzeit»

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Neben den Werkzeugen aus Bergkristall dokumentiert die Ausstellung u. a. die Arbeit des Archäologieteams und zeigt Bilder hochalpiner Fundstellen. Konzipiert wurde die Schau im Stockalperschloss in Brig vom Urner Institut Kulturen der Alpen, in Zusammenarbeit mit den Kantonen Uri und Wallis.

Regionaljournal Bern, Freiburg, Wallis, 2.10.2025, 17:30 Uhr ; 

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