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Erich Windhab.
Legende: Erich Windhab ist Ingenieur für Lebensmitteltechnik. Seit 1992 hat er einen Lehrstuhl an der ETH Zürich. ZVG

Kreatives Schokoladenland «Die Schweiz ist derzeit noch eine Nasenlänge voraus»

Zuckerarm und trotzdem geschmackvoll – oder sogar bunt? Ein Gespräch über die Schokolade der Zukunft.

Welche Eigenschaften muss eine Schokolade haben? Auf diesem Gebiet haben Schweizer Pioniere schon einiges geleistet. Aber wie sieht die Schokolade der Zukunft aus? Der Lebensmittelingenieur Erich Windhab tüftelt mit Forscherkollegen daran, die zartschmelzende Köstlichkeit noch besser zu machen.

SRF News: Erich Windhab, Sie sind Experte für Schokolade. Wie viel davon essen Sie selber pro Tag?

Erich Windhab: Das hängt stark von meiner Tagesform ab, aber 50 Gramm schaffe ich schon im Schnitt. Ich versuche diese dann aber auch wieder abzutrainieren. Am liebsten mag ich dunkle Schokolade, beispielsweise aus venezolanischem Kakao. Die darf manchmal auch gerne noch eine zusätzliche Chilinote haben. Dazu der passende Rotwein. Davon kann man fast leben.

Welche Schokolade ist denn grundsätzlich die beliebteste?

Das ist regional sehr unterschiedlich. In der Schweiz mögen die Leute sowohl Milch- als auch dunkle Schokolade. Amerikaner und Briten hingegen, essen lieber die karamellartig süsse Milchschokolade.

Was ist der Grund für die unterschiedlichen Präferenzen?

Traditionen sind dafür mitverantwortlich. Die traditionellen Schokoladenfabrikanten in den USA und in Grossbritannien haben beispielsweise diesen karamellartigen Geschmack der sogenannten «Crumb-Milchschokolade» geprägt. In der Schweiz hatten die Schokoladenhersteller einen anderen traditionellen Hintergrund. Milchbestandteile und Zucker wurden hier nicht entsprechend gezielt karamellisiert.

Der weltweite Bedarf an Kakao ist mittlerweile schwierig zu decken.

Wie wird Schokolade in Zukunft aussehen?

Ich stelle drei Trends fest: Erstens ein Nachfragetrend – Menschen insbesondere in Schwellenländern wie China oder Indien entdecken mehr und mehr das Genussmittel Schokolade. Das Problem dabei ist, dass Kakao nur in tropischen Regionen wächst. Ein Kakaobaum braucht 20 Jahre, bis er Kakao abgibt. Weil der weltweite Bedarf mittlerweile nur schwierig zu decken ist, gibt es vermehrt auch minderwertige Ware auf dem Markt. Schokoladenhersteller müssen deshalb genau hinschauen, damit sie qualitativ hochwertigen Rohstoff erhalten.

Zweitens ein «Kulinariktrend» – viele Menschen sind bereit, für Edelprodukte mehr zu bezahlen. Der Anbau besonders exquisiter Edel-Kakaos ist allerdings sehr beschränkt, weshalb die Preise wirklich hoch sind.

Und drittens ein «Ernährungstrend» – dieser sieht Schokoladenprodukte in Folge der hohen Energiedichte als eher nutritiv problematisch. Diesem begegnend versuchen Schokoladenhersteller, Produkte mit reduzierter Energiedichte zu produzieren. Die Herausforderung dabei ist, dass der Geschmack möglichst Premium bleibt.

Wie geht man dabei vor?

Wir an der ETH versuchen beispielsweise mit kleinsten Luftblasen und/oder Wassertröpfchen sowie verbunden damit durch die Zucker- und Fettreduktion die Kaloriendichte der Schokolade deutlich zu verringern. Die Schokolade wird dazu bei der Produktion zum Beispiel geschäumt.

Durch diese Herstellungsweise können teilweise auch bestimmte Geschmackseindrücke verstärkt werden, weil sich die Schokoladenmasse zwischen Zunge und Gaumen besser verteilt und das mit mehr Aroma/Geschmacksfreisetzung über die Schaumbläschenoberfläche.

Besserer Geschmack trotz weniger Kalorien, das tönt sehr gut.

Das stimmt. Allerdings gibt es dabei auch Dinge zu beachten wie, dass eine 100-Gramm-Tafel nicht mehr die gleiche Grösse haben wird wie heute. Entweder verkauft man den Konsumenten weniger Schokoladenmasse bei gleichem Produktvolumen oder man vergrössert die Packung bei gleichem Gewicht. Das muss man dem Verbraucher natürlich auch erklären, damit er sich nicht irregeführt vorkommt.

Für Erwachsene ist dunkle Schokolade auch aus gesundheitlichen Erwägungen interessant.

Sie haben gesagt, dass Sie sehr gerne dunkle Schokolade essen. Der hohe Kakaoanteil liegt in der Schweiz generell im Trend. Läuft die dunkle der traditionellen Milchschokolade bald den Rang ab?

Das denke ich nicht. Der Beliebtheitsgrad hängt unter anderem von der Altersgruppe ab. Kinder mögen deutlich überwiegend Milchschokolade am liebsten. Für Erwachsene ist dunkle Schokolade auch aus gesundheitlichen Erwägungen interessant. Schokoladenkomponenten mit einem höheren Kakaoanteil wirken zum Beispiel antioxidativ, was vorteilhafte gesundheitliche Auswirkungen haben kann.

Neben den drei klassischen Farben Schwarz, Braun und Weiss gibt es neu auch die Farbe Ruby. Wird sich diese durchsetzen?

Ich denke, dass Ruby eher eine Randerscheinung bleibt. Das Spezielle ist, dass diese rosa Schokolade keinen intensiven Schokoladengeschmack hat. Theoretisch kann man weisse Schokolade mit natürlichen Komponenten in jedem Ton einfärben, allerdings hat Ruby den Vorteil aus Kakaobohnen hergestellt zu sein. Andere mögliche Farben wie zum Beispiel Blau sind für Schokoladen einfach nicht beliebt – zumindest nicht in den traditionellen Schokoladenläden der Schweiz.

Ein Kit-Kat-Rieger aus Ruby-Schokolade.
Legende: Zukunftstrend? Die Schweizer Grossfirmen Nestlé und Barry Callebaut lancierten in Japan den Kitkat-Riegel aus rosa Ruby-Schokolade. Reuters

Wie sieht die Zukunft für den Schweizer Schokoladenmarkt aus?

Die Schweiz ist bei der Qualität und Vielfalt der Schokoladenerzeugnisse derzeit noch eine Nasenlänge voraus. Nur muss die Branche schauen, dass sie diesen Vorsprung durch hohe Qualität und Innovation behalten kann. Ich bin sehr zuversichtlich, weil die Schweiz sowohl in Sachen Technologie als auch Kreativität sehr gut ist.

Aber die Konkurrenz schläft nicht. Immer mehr Investoren merken, dass die Gewinnspanne bei Schokolade hoch ist. Die Schweiz ist in jedem Fall auch weiterhin von guten Ideen als auch Brands und deren erfolgreichen Vermarktung für Schokoladenprodukte abhängig.

Das Gespräch führte Viviane Bischoff.

Erich Josef Windhab

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Seit 1992 ist der Lebensmittelingenieur Professor für Lebensmittelverfahrenstechnik am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH Zürich. Windhab studierte Chemieingenieurwesen und Verfahrenstechnik an der Universität Karlsruhe (TH), wo er 1985 in Maschinenbau promovierte.

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