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Krieg in der Ukraine «Grosse Ausfälle»: Putin-Angriff trifft Schweizer Firmen hart

Etliche Schweizer Unternehmen haben Standorte in der Ukraine wie auch in Russland. Jetzt haben sie ein grosses Problem.

Der Angriffskrieg Putins trifft auch Unternehmen in der Schweiz. Etwa den Werkzeugmaschinenhersteller TL Technology mit Sitz in Brügg BE. Dieser vertreibt seit 30 Jahren Geräte in die ehemaligen Sowjetrepubliken.

Russische Mitarbeitende haben ukrainische Kollegen angerufen und sich entschuldigt. Sie schämen sich für den Angriff von Putin.
Autor: Thomas Liechti TL Technology

Geschäftsführer Thomas Liechti betreibt Standorte in Russland sowie der Ukraine. Jetzt stehen die Betriebe still: «Von einem Tag auf den anderen geht nichts mehr. Viele unserer ukrainischen Mitarbeitenden sind von Kiew aufs Land geflüchtet», so der Berner.

Fräse
Legende: Schweizer Firmen können ihre Maschinen nicht mehr nach Russland liefern. Keystone (Symbolbild)

Bei TL Technology haben Ukrainer und Russen zuvor während Jahren eng zusammengearbeitet, in Schulungen oft in gemischten Teams. «Einige russische Mitarbeitende haben die ukrainischen Kollegen angerufen und sich entschuldigt. Sie schämen sich für den Angriff von Putin», schildert Liechti. Es herrsche eine regelrechte Schockstarre. Viele Mitarbeitende seien jedoch wegen der Medienzensur nur schlecht über die Vorkommnisse informiert gewesen.

Grosse Ausfälle in der Schweiz

Wegen der Wirtschaftssanktionen kann Liechti nun keine Werkzeugmaschinen mehr nach Russland liefern. Dies treffe etwa eine Fabrik, welche Hüftgelenke herstelle. Selbst wenn er liefern würde, könnten die russischen Firmen die Ware wegen des blockierten Zahlungsverkehrs nicht bezahlen. Für Liechti ist klar: Das Geschäft mit Russland ist für längere Zeit vorbei, er muss die beiden Büros in St. Petersburg und Moskau wohl schliessen.

Pharma-Unternehmen betroffen

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Die Pharmariesen Novartis und Sandoz sind in der Ukraine sowie in Russland vertreten. Sie setzen sich weiterhin dafür ein, dass Patienten Zugang zu Medikamenten erhalten. «Wir beobachten die Situation genau und werden sicherstellen, dass wir nicht mit Personen oder Unternehmen zusammenarbeiten, die von den Regierungen auf die Liste der sanktionierten Parteien gesetzt wurden», heisst es auf Anfrage von SRF.

In der Ukraine und Russland sind mehr als 50 Leute betroffen. Es trifft auch die Angestellten am Hauptsitz im bernischen Brügg. «Wir können die Ausfälle nicht mit anderen Ländern kompensieren. Eine Umstrukturierung ist wohl unausweichlich», so Liechti weiter zu Radio SRF.

Zürcher Firma muss Werk mit 600 Angestellten schliessen

Hart getroffen vom Krieg wird auch die Zürcher Vertropack Gruppe. Der Hersteller von Glasverpackungen musste sein Werk mit rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Ukraine schliessen – aus Sicherheitsgründen, wie Finanzchef David Zak sagt. «Ganz in der Nähe von unserer Fabrik sind Anschläge der russischen Armee verübt worden.» Man habe die Belegschaft darum aufgefordert, zu Hause oder im Luftschutzkeller zu bleiben. Die Arbeit in der Fabrik aufzunehmen, wäre aufgrund der kriegerischen Aktivitäten schlicht zu gefährlich.

Vetropack
Legende: Die Zürcher Vetropack mit Sitz in Bülach musste in der Ukraine ein Werk mit 600 Angestellten schliessen. Keystone

Vetropack versucht nun von der Schweiz aus, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut es geht zu unterstützen. «Wir werden ihnen weiterhin Lohn bezahlen, solange das Bankengeschäft noch läuft», so David Zak weiter. Man sei aktuell über Satellitentelefone vor allem mit der Geschäftsleitung vor Ort in Kontakt, um ein Bild zu haben über die aktuelle Situation. «Ein grosses Problem ist, dass Lebensmittel knapp werden. Und wir schauen nun, ob wir das irgendwie hinkriegen, dass unsere Mitarbeiter in den Luftschutzkellern mit Nahrungsmittel versorgt werden.»

Das ukrainische Werk macht rund 10 Prozent der Vetropack Gruppe aus. «Das schmerzt natürlich», sagt David Zak. Es sei nicht abschätzbar, wann und ob überhaupt das Werk seinen Betrieb wieder aufnehmen werde. Für die Gruppe bedeute dies klar einen finanziellen Schaden, dieser sei aber zu lösen. Die menschliche Tragödie vor Ort sei viel schlimmer, so Zak weiter, und hier wolle die Firma nun ihre volle Unterstützung bieten.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 01.03.2022, 17.30 Uhr

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