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Kriegsmaterialexporte lockern? Skepsis in der grossen Kammer

13 zu 12. So knapp entschied die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates, dass sie die geplante Lockerung der Kriegsmaterial-Ausfuhrbestimmungen nicht verbieten will. Und dass sie keine Vernehmlassung verlangen will. Eine Verordnungsänderung liege vollständig in der Kompetenz des Bundesrates, erklärt FDP-Nationalrätin Corinna Eichenberger: «Es ist unüblich, in solch einem Verfahren eine Vernehmlassung durchzuführen.»

Rüstungsindustrie will gleich lange Spiesse

Um das Geschäft tobt aber eine intensive Debatte. Die Rüstungsindustrie klagt seit längerem darüber, dass sie restriktiveren Exportregeln unterstellt ist als ihre Konkurrenten im europäischen Ausland. Sie verlangt gleich lange Spiesse.

Im Juni ging der Bundesrat darauf ein und kündigte an, er werde die Kriegsmaterialverordnung lockern. Neu sollen Exporte auch in Länder möglich sein, die in «interne Konflikte» verwickelt sind. Zwar wird es Schweizer Rüstungsfirmen weiterhin verboten sein, Syrien oder Jemen mit Waffen zu beliefern. Aber Exporte nach Thailand, Pakistan oder in die Philippinen sollen häufiger bewilligt werden können als heute.

Das sei keine kleine Lockerung, findet SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf. Vernehmlassungen fänden dann statt, wenn es Geschäfte von politischer Tragweite seien: «Ich weiss nicht, welches Geschäft eine grössere politische Tragweite hätte als diese Aufweichung der Kriegsmaterialverordnung.»

Wir setzen unsere Glaubwürdigkeit als humanitärer Staat aufs Spiel.
Autor: Priska Seiler Graf Nationalrätin, SP

Solch ein Entscheid schade dem guten Ruf der Schweiz, als neutrales Land und als Hüterin der Genfer Konventionen: «Wir setzen unsere Glaubwürdigkeit als humanitärer Staat aufs Spiel», so Seiler Graf.

Bedenken bis in die Mitte

Diese Einschätzung wird bis weit in die politische Mitte geteilt. CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann, Vizepräsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission, findet es heikel, wenn Waffen aus der Schweiz an Bürgerkriegsländer geliefert werden dürften.

Will man denn nur auf die Seite der Regierung liefern, und ist das der richtige Weg?
Autor: Ida Glanzmann Nationalrätin, CVP

Das sei heikel, auch wenn die Fälle im einzeln beurteilt werden sollen: «Ich bin sehr skeptisch. Wie will man denn festlegen, an wen man liefert? Will man nur auf die Seite der Regierung liefern, ist das der richtige Weg und wer schätzt das ab?»

Neben der CVP hat sich auch die BDP in der Sicherheitspolitischen Kommission für mehr Mitsprache bei der Kriegsmaterialverordnung eingesetzt. BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: «Ich glaube immer noch, dass der Bundesrat sich umentscheidet, zumal die BDP auch drei Vorstösse hat.» Aus ihrer Sicht wäre es zentral, die Vorstösse zuerst zu bearbeiten. «Diese sind für mehr Demokratie bei solchen Entscheiden.»

Die Schweiz hat eine sehr strenge Praxis – und sie bleibt auch streng.
Autor: Corinna Eichenberger Nationalrätin, FDP

Allerdings dürfte das Wunschdenken bleiben. Die Argumente der Rüstungsindustrie stossen an den entscheidenden Stellen auf mehr Gehör. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger, Co-Präsidentin des Arbeitskreises Sicherheit und Wehrtechnik, der parlamentarischen Lobbygruppe der Rüstungsindustrie, erklärt: «Die Schweiz hat mit Blick auf vergleichbare Länder eine sehr strenge Praxis – und sie bleibt auch streng.»

Ständerat weniger skeptisch

Als nächstes wird die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates konsultiert, die aber tendenziell weniger skeptisch ist gegenüber der geplanten Lockerung der Waffenexportbestimmungen. Damit dürfte es für Schweizer Rüstungsfirmen unter gewissen Bedingungen bald eher möglich sein, auch Bürgerkriegsländer mit Waffen zu beliefern.

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