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Krise auf dem Balkan «Zartes Pflänzchen»: Parlament verlängert Swisscoy-Einsatz

Darum geht es: Der Bundesrat will unter der Führung von VBS-Chef Guy Parmelin den Einsatz der Swisscoy-Soldaten im Kosovo um weitere drei Jahre verlängern. Gleichzeitig will der SVP-Bundesrat den Personalbestand im Balkanstaat deutlich reduzieren: So sollen ab April 2018 noch 190 Schweizer Soldaten vor Ort sein – ab Oktober 2019 soll der Swisscoy-Personalbestand lediglich noch 165 Armeeangehörige betragen. Bei erhöhter Bedrohungslage erhält der Bundesrat aber die Kompetenz, das Kontingent für eine Dauer von maximal vier Monaten mit bis zu 20 Soldaten aufzustocken.

Derzeit sind 235 Schweizer Soldaten im Kosovo im Einsatz. Diese leisten dort Transport- und Logistikaufgaben. Darüber hinaus sind die Swisscoy-Soldaten auch als Militärpolizisten im Einsatz und erfüllen ihre Pflicht in der Informations-und Nachrichtenbeschaffung.

Die Frage der Finanzen: Die zukünftige Ausgestaltung des Swisscoy-Einsatzes soll den Bund zwischen 37,5 und 33,2 Millionen Franken kosten. Eine temporäre Verstärkung der Truppe wird mit rund zehn Millionen Franken veranschlagt. Diese Kosten soll das Verteidigungsministerium tragen. Bislang schlug sich der Swisscoy-Einsatz mit 44,2 Millionen Franken im Budget nieder.

Ergebnis der vorberatenden Kommissionen: Vergangenes Jahr hiess der Ständerat den Vorschlag des Bundesrates gut. Danach stimmte die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SIK) dem Antrag zu – mit 13 zu 11 Stimmen.

Argumente der Swisscoy-Befürworter: Die Kommissionsmehrheit sprach sich denn auch in der Debatte des Nationalrates deutlich für die Verlängerung des Swisscoy-Einsatzes aus – mit Verweis auf die politische Grosswetterlage. So liessen die politischen Spannungen zwischen der kosovarisch-albanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit einen vollständigen Abzug der Schweizer Soldaten nicht zu, sagte Nationalrätin Priska Seiler-Graf (SP/ZH). Dabei erinnerte die SP-Politikerin an den Zwischenfall mit dem serbischen Propaganda-Zug.

Tatsächlich wollte Serbien nach 18 Jahren den Zugverkehr nach Kosovo wieder aufnehmen. Zu diesem Zweck sollte von der serbischen Hauptstadt Belgrad aus ein Zug ins kosovarische Mitrovica fahren – mit der Aufschrift «Kosovo ist Serbien». Angesichts dieser angespannten politischen Lage ist Priska Seiler-Graf überzeugt: «Das zarte Pflänzchen Kosovo würde einen heftigeren Windstoss nicht überleben».

Jakob Büchler (CVP/ZH) teilt die Einschätzung Seiler-Grafs. Die wirtschaftlichen und demokratischen Verhältnisse liessen einen frühzeitigen Abzug nicht zu.

Im Kosovo beträgt die Arbeitslosigkeit bei den 15- bis 24-Jährigen laut Botschaft des Bundesrates in der Tat gegen 60 Prozent. Die Folge: Von Dezember 2014 bis Februar 2015 sollen zwischen 30'000 bis 50'000 Kosovaren das Land in Richtung Serbien und Ungarn verlassen haben.

Zudem leben zehn Prozent aller Kosovaren in der Schweiz. Somit mache es in Anbetracht des Migrationsdrucks Sinn, die Swisscoy-Mission aufrechtzuerhalten. «Die Swisscoy-Truppen leisten sehr gute Arbeit», sagt Büchler dazu.

Zudem kämpft das Land gegen Korruption und den grassierenden Dschihadismus. Demnach sind laut der Botschaft des Bundesrates mindestens 250 Kosovaren seit Ausbruch des Syrien-Konflikts nach Syrien oder in den Irak gereist, um sich dort radikalen Gruppierungen anzuschliessen. 70 dieser Personen befinden sich nach wie vor im Ausland – 120 kehrten zurück.

Argumente der Swisscoy-Gegner: Adrian Amstutz (SVP/BE) kann die Argumente der Kommissionsmehrheit nicht nachvollziehen. Vielmehr möchte der SVP-Fraktionschef der Swisscoy-Mission den Rücken kehren. Der Grund: Der Kosovo sei seit über 20 Jahren ein «zartes Pflänzchen». Wenn die internationale Gemeinschaft das Land nicht langsam selbstständig werden lasse, «bleibt es ein zartes Pflänzchen und wird nie ein starker Baum».

Zudem erinnert der SVP-Politiker daran, dass im Kosovo in den vergangenen Jahren tausende Sicherheitskräfte ausgebildet wurden. Deshalb müsse die Bevormundung des Kosovo aufhören. Gemäss der Botschaft des Bundesrates plant das Land bis ins Jahr 2019 eine eigene Armee mit 5000 Soldaten und 3000 Reservisten. Die Kommissionsmehrheit führt allerdings ins Feld, dass dieses Personal noch nicht selbstständig agieren könne.

Auch Balthasar Glättli (Grüne/ZH) will die Swisscoy-Mission beenden – aus grundsätzlichen parteipolitischen Überlegungen. Zudem seien an der KFOR-Mission Länder beteiligt, welche die Souveränität Kosovos nicht anerkennen. Dazu zählen Griechenland, Spanien, Rumänien, Slowakei und Zypern. «Die Nato auch nicht», sagt Glättli.

Aus diesen Gründen fordert Glätti, den Antrag des Bundesrates mit der Vorgabe zurückzuweisen, eine neue Vorlage zu unterbreiten. Diese soll im Wesentlichen einen kompletten Rückzug der Swisscoy-Soldaten bis spätestens Ende Dezember 2020 vorsehen.

Das Abstimmungsresultat: Der Grüne Balthasar Glättli und SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz konnten den Nationalrat mit ihren Argumenten nicht überzeugen: Die Grosse Kammer genehmigte die Vorlage des Bundesrates mit 100 zu 76 Stimmen bei einer Enthaltung.

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