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St. Moritz mag nicht mehr Energiestadt sein und gibt Label zurück
Aus Regionaljournal Graubünden vom 08.09.2023. Bild: Keystone / GIAN EHRENZELLER
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Kritik an Label St. Moritz gibt Energiestadtlabel auf

Zu viel Aufwand für wenig Ertrag: St. Moritz will das Energiestadtlabel nach 20 Jahren nicht mehr.

Gegen 500 Gemeinden schweizweit tragen das Label Energiestadt. Im Kanton Graubünden sind 17 Gemeinde dabei. Eine davon trägt gar die höchste Auszeichnung: St. Moritz ist Energiestadt Gold. Aber nicht mehr lange. Sie gibt nicht nur den Gold-Status auf, St. Moritz steigt ganz aus dem Label aus.

Zu viel Aufwand für wenig Ertrag

Seit 2003 ist St. Moritz dabei und hat auch viele gute Erfahrungen damit gemacht, sagt der zuständige Gemeindevorstand Gian Marco Tomaschett: «Zu Anfangszeiten war dieses Label eine sehr wichtige Geschichte und auch wichtig, dass wir dort mitgemacht haben.»

Bundesrat Leuenberger übergibt im Frühling 2003 Hubertus Fanti, Gemeindevorstand St. Moritz, den Label Energiestadt.
Legende: Es war im März 2003: Bundesrat Moritz Leuenberger übergibt Hubertus Fanti, Gemeindevorstand von St. Moritz das Label Energiestadt. Keystone / MARKUS STUECKLIN

Mittlerweile hätten die Gesetzgebung und die Sensibilisierung der Bevölkerung das Label Energiestadt so weit überholt, dass für die Gemeinde das «Kosten-Nutzen-Verhältnis» nicht mehr aufgehe. Das Bewusstsein bei den Leuten sei heute da, ob mit oder ohne Label.

Diese Kosten stehen in keinem Verhältnis dafür, dass wir am Dorfrand eine kleine Plakette erhalten haben.
Autor: Gian Marco Tomaschett St. Moritz Gemeindevorstand Sicherheitsdepartement

Um im Verein Energiestadt zu sein, müssen die Gemeinden jährlich einen Mitgliederbeitrag zahlen, die Beitragshöhe misst sich an der Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner. Der Gemeinde wird eine Energiestadt-Beraterin zur Seite gestellt. Diese zahlt die Gemeinde nach ihrem Aufwand. St. Moritz hat bis jetzt jährlich rund 450'000 Franken ausgegeben. Darin sind Kosten für Energieprojekte, aber auch für Beratungen enthalten. Aufwand und Ertrag gingen nicht auf, sagt Gian Marco Tomaschett gegenüber dem «Regionaljournal Graubünden».

Thusis – zwei Jahre ohne Label

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Thusis hat 2021 sein Label zurückgegeben. Diese Bündner Gemeinde hat also Erfahrung damit, keine Energiestadt mehr zu sein. Sie hat sich nicht mehr neu rezertifizieren lassen, weil der Gemeinderat das Label Energiestadt als «wenig gewinnbringend» eingestuft habe, heisst es auf Anfrage von Gemeindepräsident Curdin Capaul.

Die finanzielle Anspannung in der Gemeinde und die knappen Ressourcen werden als weitere Gründe angegeben. Der Fokus werde jetzt gezielt auf eigene Umweltschutz-Projekt gelegt. So hat Thusis im letzten Jahr einen Amphibienweiher gebaut.

In St. Moritz hat sich eine Person während 20 Prozent ihrer Arbeitszeit, also an einem Tag in der Woche, ausschliesslich um das Label gekümmert. Sie hat Daten gesammelt und zusammen mit der Energiestadt-Beratung bewirtschaftet. Dazu sagt Gian Marco Tomaschett: «Diese Kosten stehen in keinem Verhältnis dafür, dass wir am Dorfrand eine kleine Plakette erhalten haben.» Das sei zu viel Aufwand für wenig Ertrag, so Tomaschett. Darum gibt St. Moritz sein Label nach fast 20 Jahren zurück.

Wir wollen nicht zurück in die Steinzeit.
Autor: Gian Marco Tomaschett St. Moritz Gemeindevorstand

Auch ohne Label bleibe Nachhaltigkeit in St. Moritz ein wichtiges Thema. Was mit dem Geld passiert, das bis anhin ins Gold-Label floss, kann Gian Marco Tomaschett noch nicht sagen. Man wolle aber «nicht zurück in die Steinzeit», sondern mehr in eigene Projekte investieren, so zum Beispiel in die Fenster-Sanierung bei Gemeindebauten.

Das Label als Anreiz und Instrument

Neben der Energiestadt-Beraterin, welche der Trägerverein Energiestadt seinen Mitgliedsgemeinden zur Seite stellt, gibt es einen Beitrag vom Bundesamt für Energie. Daneben bekommen die Gemeinden den Anreiz und das Instrument, sich Ziele zu setzen, Massnahmen umzusetzen und sich zu verbessern, sagt Aldo Danuser vom Gemeindevorstand Landquart. Seine Gemeinde schmückt sich schon seit Jahren mit dem Label Energiestadt und sei zufrieden damit.

Das Label – die Anforderungen

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Wer ein Energiestadt-Label erhalten will, muss einen Zertifizierungsprozess durchlaufen. Die Stadt oder die Gemeinde müssen einen konkreten Massnahmenplan vorlegen. Darin kann es beispielsweise heissen, dass die Gemeinde auf öffentlichen Gebäuden Solaranlagen baut oder dass sie den CO₂-Ausstoss senken will.

Wer 50 Prozent dieser Massnahmen erreicht, erhält das Label Energiestadt. Wer 75 Prozent und mehr erreicht, erhält das Label Energiestadt Gold. Alle vier Jahre wird nachgeprüft.

Energiestadt Gold ist die höchste Auszeichnung für Städte und Gemeinden, die sich für eine effiziente Nutzung von Energie, erneuerbare Energien und Klimaschutz engagieren und besondere Anforderungen erfüllen. Die Dachorganisation Association European Energy Award verleiht das Label auf europäischer Ebene in Zusammenarbeit mit dem Trägerverein Energiestadt.

St. Moritz sei eben erst Gold-Stadt geworden und damit aufgestiegen zu den Besten in der Schweiz und auch den europäisch guten Gemeinden, heisst es beim Verein. Darum sei man über den Abgang von St. Moritz besonders enttäuscht. «Ich bedaure das sehr und wäre froh, wenn sich St. Moritz das nochmals überlegen würde», sagt Barbara Schwickert, Co-Geschäftsführerin.

Auf die Kritik von St. Moritz angesprochen, dass das Label zu aufwendig sei, sagt sie: «Das Label Energiestadt ist nicht einfach etwas, das man einmal macht und dann die Plakette irgendwo aufhängt. Das Label ist ein laufender Prozess, in den man investieren muss.»

SRF 1, Regionaljournal Graubünden, 08.09.2023; 17:30 Uhr;

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