In der kleinen ehemaligen Kunsthandlung im Herzen des Kleinbasels riecht es nach geschälten Orangen, dem Saft von Limetten und Zitronenblüten. Aus dutzenden Kisten leuchten verschiedenste Zitrusfrüchte: Bergamotten und Tangerinen, Pomelos und Clementinen. Sie alle stammen aus der Zucht von Vicente Todolí.
Der spanische Kurator für zeitgenössische Kunst leitete sieben Jahre lang die Tate Modern in London, eines der weltweit grössten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst. Heute züchtet er auf 45'000 Quadratmetern Fläche in seiner spanischen Heimat, in der Nähe von Palmera, über 480 verschiedene Sorten Zitrusfrüchte.
Vicente Todolís Plantage sei mehr als ein bewirtschaftetes Stück Land: «Seine Plantage ist ein Freilichtmuseum», sagt Paolo Rosso. Seit Jahren arbeitet der Kunstaktivist mit Todolí zusammen. Jede Sorte der Welt wolle der ehemalige Tate-Leiter in seinem Garten wachsen lassen: Bergamotten aus Indien, Zitronensorten aus Japan oder Süditalien.
Todolís Plantage ist nicht einfach nur eine Plantage. Sie ist ein Freilichtmuseum.
«Schon als er sich einen Namen in der Kunstwelt zu machen begann, spielte er mit dem Gedanken, später einmal in seiner Heimat Zitrusfrüchte zu kultivieren», erzählt Rosso. Seine Erkenntnisse über die Früchte, das Wissen um die Züchtung verschiedenster Arten und ihrer Entwicklung, die wolle Vicente Todolí weitergeben.
Während der Pandemie wandte er sich deshalb an Rosso mit der Idee, die Früchte aus der Plantage in die Ferne zu schicken: «Wir wollen den Leuten zeigen, wie viel Geschichte hinter einer einzelnen Frucht stecken kann», sagt Rosso.
Den verschlungenen Weg nach Basel machten Todolís Zitrusfrüchte über den Wissenschaftsjournalisten und Kuratoren Roland Fischer. Er lernte Rosso an der Biennale in Venedig kennen, ist fasziniert von der Kombination von Kunst und Wissenschaft, will beides mit seinen Kunstprojekten verbinden.
«Anhand Todolís diverser Zitronen können wir aufzeigen: Es gibt mehr als die beiden Sorten in den grossen Lebensmittelgeschäften.» Dieses Wissen sei wertvoll und wichtig weiterzugeben.
An diesem Morgen entstehen in der kleinen Galerie immer wieder längere Gespräche über Vielfalt, alte Sorten und Nachhaltigkeit. Fischer erklärt geduldig die Eigenheiten der einzelnen Früchte, erzählt von ihrer Herkunft, der Art der Züchtung: «Das ist eine ganz spezielle Schokoladenorange», sagt Fischer zu einem Kunden, der die Frucht interessiert in der Hand dreht. «Ein wirklich spannendes Projekt, um neue Geschmäcker zu entdecken», sagt der Mann, bevor mit seiner prall gefüllten Tasche seines Weges zieht.
Die Früchte ausgerechnet in Basel zu zeigen und zu verkaufen sei ein ganz bewusster Entscheid gewesen, so Fischer. Am Rheinknie gäben sich Kunst und Wissenschaft die Hand.