Worum geht es? Es fällt kaum auf, und doch ist es überall: Plastik. Jährlich landen in der Schweiz 14'000 Tonnen Makro- und Mikroplastik in der Umwelt. Zu diesem Schluss kommt die Meeresschutzorganisation Oceancare in ihrem Bericht Plastic Matters und spricht von einer «Plastikkrise» in der Schweiz.
Doch steht die Schweiz wirklich so schlecht da? SRF hat Experten zum Thema befragt.
Wie gross ist das Problem von Mikrogummi von Reifen? Reifenabrieb ist die grösste Ursache von Mikroplastik in der Umwelt. Jährlich landen über 13'500 Tonnen Reifenabrieb auf den Schweizer Strassen. Davon gelangen 5500 Tonnen in die Böden und rund 3400 Tonnen, die nicht durch Entwässerungssystemen zurückgehalten werden, in Flüsse und Seen.
Dabei sei nicht das Gummi an sich, welches in die Umwelt gelangt, das Problem, sagt Bernd Nowack, Umweltwissenschaftler an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). «Viel schädlicher sind die verschiedenen Chemikalien, wie zum Beispiel Oxidationsschutzmittel, die durch den Abrieb in die Umwelt gelangen.»
Wie schädlich diese Chemikalien für die Umwelt und die Gesundheit von Lebewesen sind, sei bis jetzt wenig erforscht. Doch: «Immer mehr Reifenhersteller sind darauf sensibilisiert und beziehen das Problem des Reifenabriebs und der giftigen Chemikalien in die Herstellung des Pneus mit ein», sagt Nowack.
Wie viel wildes Plastik landet in der Umwelt? Littering – das achtlose Wegwerfen von Plastiksäcken und Verpackungen – ist die zweite Hauptursache, weshalb Plastik in der Natur landet. Laut einer Studie von Empa landen jährlich 18'500 Tonnen Plastik in der Umwelt. Die Empa schätzt, dass davon schliesslich 2700 Tonnen in Schweizer Böden und Gewässer gelangen.
Wie sieht das Plastikproblem in den Gewässern aus? In allen untersuchten Flüssen und Seen wurde Makro- und Mikroplastik gefunden. Eine Modellberechnung der sieben meistverwendeten Kunststoffarten in der Schweiz schätzt den jährlichen Eintrag von Makroplastik in Schweizer Gewässern auf rund 110 Tonnen und von Mikroplastik auf rund 15 Tonnen.
Doch geht die Forschung von viel mehr Mikroplastik in Gewässern aus, sagt Matthias Egger, Umweltwissenschaftler der Umweltberatungsfirma Egger Research and Consulting GmbH. «Kleine Mikroplastikartikel unter 0.3 Millimeter sind schwierig zu messen. Deshalb nehmen wir an, dass noch viel mehr davon in Gewässern vorkommen.»
Laut einer aktuellen Studie, in der 67 europäische Seen untersucht wurden, weisen Schweizer Seen im Durchschnitt aber gleich viele Mikroplastikpartikel auf wie die übrigen Gewässer in Europa.
Gibt es ein Mikroplastikproblem im Abwasser? Nein, sagt Ralf Kägi, Leiter des Partikellabors des Wasserforschungsinstitut Eawag. Er untersucht Mikroplastik in Abwassersystemen. «Im Einklang mit anderen internationalen Studien zeigt sich, dass Mikroplastik in modernen Kläranlagen effizient zu 95 bis 99 Prozent herausgenommen wird.» Danach landet das Mikroplastik mit den anderen Feststoffen im Klärschlamm, der in der Schweiz verbrannt wird.
Wie sieht die Entsorgung von Plastik aus? In der Schweiz entstehen laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) jährlich rund 790'000 Tonnen Kunststoffabfälle. Davon werden über 80 Prozent (660'000 Tonnen) in Kehrichtverbrennungsanlagen und gut zwei Prozent in Zementwerken verbrannt und daraus Energie gewonnen. Rund 70'000 Tonnen werden rezykliert und weitere 50'000 Tonnen zur Wiederverwendung in der Schweiz exportiert.