Es sieht eher wie Morgengymnastik aus, was die rund 15 Migranten aus Nahost, Südamerika und Asien machen: Zu einer Techno-Version der Heidi-Titelmusik schwingen sie ihre Arme und stampfen mit den Füssen. «Heidi, Heidi, deine Welt sind die Berge», dröhnt es aus den Boxen.
So beginnt der Deutsch-Kurs der sogenannten Quartierschule im sankt-gallischen Au. Die Migranten besuchen sie, um die Sprache des Gastlandes zu lernen und nicht. Die Bewegung ist Mittel zum Zweck.
Akzeptierte Methode
«Wir arbeiten mit einer erprobten Methode aus der Erwachsenenbildung», sagt Walter Noser, Stiftungsrat von Liechtenstein Languages, der Sprachschule, die diese Kurse entwickelt hat. «Es geht darum, dass man eine Sprache mit allen Sinnen lernt. Mittlerweile ist die Effektivität dieser Methode auch wissenschaftlich bestätigt.»
Was auf die Bewegungsübung folgt, gleicht schon eher einem traditionellen Sprachkurs. Mit lauter und deutlicher Stimme gibt die Kursleiterin Wörter vor und die Teilnehmer sprechen sie nach.
Am Anfang stehen Fachwörter
Viele Kursteilnehmer haben vor der Quartierschule noch keinen anderen Deutsch-Kurs besucht, es ist ihr erster systematischer Zugang zur Sprache. Doch statt «haben» und «sein» zu konjugieren, lernen sie Wörter wie «Lösungsmittel» oder «Farbgitter». Das habe einen Grund, sagt Walter Noser: «Die Teilnehmer sollen nach Ende des Kurses nicht Grammatik und Rechtschreibung beherrschen.» Das Sprechen stehe im Vordergrund. «Wir wollen ihnen den Einstieg in die Berufswelt erleichtern».
Deshalb sollen die Flüchtlinge nach dem sechswöchigen Kurs rund 120 Begriffe aus dem Alltag eines Handwerkers kennen, damit sie sich mit einfachen Worten auf ein Praktikum oder eine Schnupperlehre bewerben können. Das erklärt auch, weshalb das exotische Wort Farbgitter im Pflichtenheft steht. An einem Farbgitter streichen Maler nämlich überschüssige Farbe von ihren Pinseln.
Deutsch lernen und Einheimische treffen
Die Kursleitung der Quartierschule übernehmen Freiwillige aus den jeweiligen Gemeinden – ehemalige Lehrerinnen und Lehrer, Hausfrauen oder Pensionäre. Einer von ihnen ist Alex Züst, Versicherungsagent im Ruhestand. Er sei hier, um den Flüchtlingen die Integration zu vereinfachen. «Diese Menschen brauchen unsere Unterstützung. Sie haben einen schwierigen Weg hinter sich und werden es auch hier nicht einfach haben.»
Dass die Kurse von Einheimischen geleitet werden, erfüllt laut den Verantwortlichen auch einen weiteren Zweck. Die Flüchtlinge würden Menschen aus ihrer Gemeinde kennenlernen und könnten sich so ein Netzwerk aufbauen.