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Label für gesunde Ernährung Soja statt Schnipo – Lieferdienste für Senioren ausgezeichnet

Im Alter ist gesundes Essen besonders wichtig. Nun werden erste Mahlzeitendienste ausgezeichnet.

Das Nachtessen steht am frühen Nachmittag schon bereit in der Küche des Seniorenzentrums in Hägendorf: Es gibt Lyoner mit Kartoffelsalat. Ein traditionelles Menu, wie es Seniorinnen und Senioren lieben. «Wenn es nach den Pensionären geht, dann könnte ich jeden Tag Ghackets mit Hörnli oder Gschwellti mit Käse machen», lacht Küchenchef Willi Hürlimann.

Koch vor Wagen mit Essen
Legende: Küchenchef Willi Hürlimann im Seniorenzentrum Hägendorf. Neue Menüs zu kreieren mache Spass und er habe nie ausgelernt, meint der Fachmann. SRF/Alex Moser

Seit 2022 aber bietet das Seniorenzentrum auch eine gesündere Alternative an. Dabei liess sich der erfahrene Küchenchef von Ernährungsberaterinnen helfen. Und auch dieses zweite Menu komme gut an und werde regelmässig bestellt, betont Hürlimann.

Eine grüne Gabel für das gesunde Menu

Nun erhalten die Seniorenzenten Hägendorf und Biberist das Label «Fourchette verte». Ein Zertifikat für gesundes Essen, speziell für ihre hauseigenen Mahlzeitendienste. Beide Betriebe verteilen pro Tag rund 200 in blaue Boxen verpackte Menüs an Senioren ausserhalb des Heimes.

Lieferbox mit Essen
Legende: Soja-Bällchen und selbstgemachte Zucchetti-Suppe statt immer nur Ghackets mit Hörnli oder Frittiertes: Zwei Solothurner Mahlzeitendienste achten auf die Ernährung ihrer Kundschaft. SRF/Alex Moser

Der Verein «Fourchette verte» will mit diesem Label die gesunde Ernährung im Alter fördern. Bisher wurden vor allem Küchen von Kindertagesstätten oder Kantinen vom Verein beraten, kontrolliert und zertifiziert.

Das Label «Fourchette verte»

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Vier Menschen mit Zertifikat und Blumenstrauss, in der Mitte ein Koch
Legende: Chefkoch Willi Hürlimann (Mitte links) und Fourchette verte-Präsidentin Susanne Schaffner (Mitte rechts) bei der Label-Übergabe in Hägendorf. Susanne Schaffner ist SP-Regierungsrätin des Kantons Solothurn. SRF/Alex Moser

«Fourchette verte» Schweiz ist ein Verein mit kantonalen Sektionen. Der Verein fördert ein bewusstes Ernährungsverhalten und eine Optimierung des Lebensstils. Dadurch sollen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen und Übergewicht vermindert werden. 

Zu diesem Zweck werden ein Label vergeben und Gesundheitsförderprojekte entwickelt. Das Label ist für alle Betriebe im Bereich der Gemeinschaftsgastronomie zugänglich, welche ausgewogene Mahlzeiten anbieten. Im Januar 2023 waren mehr als 1600 Betriebe mit mehr als 120'000 Sitzplätzen mit dem Label ausgezeichnet.

Der Verband «Fourchette verte Schweiz» wird hauptsächlich von den Kantonen und der Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt.

In der Deutschschweiz gibt es aktuell in folgenden Kantonen eine Sektion und damit zertifizierte Betriebe: Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Freiburg, Luzern, Nidwalden, Solothurn, St. Gallen, Thurgau, Wallis, Zug. In der Westschweiz ist das Label in allen Kantonen vertreten, ebenso im Tessin.

«Mit dem Alter nimmt der Energiebedarf ab, aber nicht der Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Eiweiss», heisst es in einer Broschüre, die sich an Mahlzeitendienste für Menschen über 65 Jahren richtet. Darin wird betont, dass gerade ältere Menschen von Mangelernährung bedroht seien.

Ältere Menschen brauchen mehr Eiweiss

Wenn Appetit und Geschmacksempfinden nachlassen oder wenn man Beschwerden hat beim Kauen, dann isst man weniger. Umso wichtiger, dass dieses Essen wirklich gesund ist.

Pommes und Schnitzel
Legende: Viel Frittiertes statt Salat und Gemüse? Die Seniorinnen und Senioren können sich für das mit dem Label zertifizierte Essen entscheiden, müssen aber nicht. Sie haben freie Wahl. Keystone/ Michele Limina

Gesund essen heisst mindestens eine Portion Gemüse pro Menü, eine Extraportion Eiweiss und nur wenig Wurstwaren und Frittiertes. Im Seniorenheim Hägendorf zum Beispiel Soja-Bällchen, Randensalat und Linsensuppe statt Bierbraten und Schupfnudeln.

Lebensmittelgruppe Empfohlene Portionengrösse für ein Mittagessen
Gemüse und Früchte mind. 150 Gramm (z.B. 100 Gramm Gemüse gegart + 50 Gramm Gemüse/Früchte roh)
Teigwaren, Reis, Getreide, Knäckebrot 45 – 75 Gramm
oder Kartoffeln 180 – 300 Gramm
oder Brot, Teig (gebacken) 75 – 125 Gramm
Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchte 100 – 120 Gramm
oder Eier 2 – 3 Eier
oder Tofu, Quorn, Seitan 100 – 120 Gramm
oder Hülsenfrüchte 60 – 100 Gramm
oder Käse (hart, weich, frisch mit maximal 6 Prozent Fettgehalt) 30 Gramm, 60 Gramm, 150 – 200 Gramm
Milch 2 Deziliter
oder Joghurt, Quark, Dessert auf Milchbasis 150 – 200 Gramm
oder Frischkäse mit maximal 6 Prozent Fettgehalt) 150 – 200 Gramm
oder Käse (hart, weich) 30 Gramm, 60 Gramm
Fette und Öle gemäss den Empfehlungen 1 Esslöffel (ca. 15 Gramm)

Für die Altersheim-Küche in Hägendorf bedeutet dies eine Umstellung. «Wir machen jetzt mehr mit Soja und Tofu, Bohnen und Linsen. Damit kann man sehr gute Gerichte zubereiten, zum Beispiel Linsen-Hamburger», sagt Küchenchef Willi Hürlimann. Aber er gibt zu: «Gerade Tofu musste ich selbst noch besser kennenlernen. Ein Koch hat eben nie ausgelernt.»

Ausgewogenes Essen findet also immer mehr den Weg in Altersheime und zu Mahlzeitendiensten. Die Grossküche in Hägendorf und ein Betrieb in Biberist sind die ersten Senioren-Lieferdienste im Kanton Solothurn mit der grünen Gabel auf der Menukarte. Im Aargau wurde das erste Label im Februar an zwei Mahlzeitenlieferdienste vergeben. Weitere Zertifizierungen würden folgen, heisst es bei «Fourchette verte».

SRF1 Regionaljournal Aargau Solothurn, 08.05.2023, 17:30 Uhr ; 

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