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Lagebericht Volkswirtschaft Bundesrat zeichnet positives Bild der Schweizer Wirtschaft

  • Die Schweizer Volkswirtschaft ist insgesamt weiterhin gut aufgestellt.
  • Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem am Mittwoch verabschiedeten Lagebericht.
  • Auch vor dem Hintergrund der industriepolitischen Renaissance im Ausland bleibt die Schweiz demnach wettbewerbsfähig.

«Die Schweiz gehört weiterhin zu den erfolgreichsten Volkswirtschaften weltweit», sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Bern vor den Medien. Sie habe die vergangenen vier krisengeplagten Jahre gut überstanden. Die Schweizer Volkswirtschaft habe sich einmal mehr als äusserst widerstandsfähig erwiesen, so Parmelin.

Das wirtschaftspolitische Umfeld bleibe jedoch herausfordernd. Der Bundesrat erwähnte in seinem Bericht insbesondere die industriepolitischen Initiativen in der EU und den USA, die auch wettbewerbsverzerrende Subventionen umfassten.

Ein Grossteil dieser Subventionen seien für die Schweizer Wirtschaft jedoch unproblematisch und eröffneten Schweizer Produzenten gar neue Absatzchancen.

Keine Massnahmen zugunsten einzelner Branchen

Auf protektionistische und wettbewerbsverzerrende Massnahmen zugunsten einzelner Unternehmen und Branchen sollte die Schweiz als offene Volkswirtschaft auch in Zukunft verzichten, so der Bundesrat weiter.

Eine nachhaltige Stärkung des Wirtschaftsstandorts sei vielmehr durch eine kontinuierliche Verbesserung der Rahmenbedingungen und Senkung der Produktionskosten der Unternehmen zu erreichen.

Keine Subventionierung der Stahlindustrie

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Grosse Spulen aus Metall in einer Lagerhalle.
Legende: Stahl Gerlafingen muss Produktionsstrasse schliessen: Das Unternehmen führte das seit Mitte 2023 bestehende faktische Importverbot der EU für Schweizer Stahl und massive Wettbewerbsverzerrungen durch EU-Industriefördermassnahmen als Gründe an. Keystone/Christian Beutler

Der Bundesrat setzt zur Unterstützung der Schweizer Stahlindustrie auf die bestehenden energie- und klimapolitischen Massnahmen – und auf jene, die ab 2025 neu eingeführt werden. Auf einen Subventionswettlauf mit dem Ausland will er sich dagegen nicht einlassen.

Eine vom Parlament angenommene Motion des früheren Solothurner SP-Ständerats Roberto Zanetti verlangt die Abfederung von allfälligen Marktungleichgewichten, die aufgrund von Massnahmen in der EU in der Stahl- und Aluminiumindustrie entstanden sind.

Gemäss seiner Medienmitteilung will sich der Bundesrat zum einen auf internationaler Ebene gegen Marktverzerrung und protektionistische Massnahmen einsetzen. Zum anderen erlaubten es das neue CO₂-Gesetz und das Klimaschutzgesetz, diese Unternehmen in ihren Dekarbonisierungsanstrengungen mit Investitionsbeiträgen zu unterstützen.

Der Bundesrat verwies auch darauf, dass die Energiepreise seit einem guten Jahr wieder deutlich gesunken seien und sich auch bei den Netzkosten eine Entspannung abzeichne.

Stahlindustrie unter Druck

Prüfen will die Landesregierung, ob sich bestimmte Grossverbraucher vom Zuschlag für die Stromreserve befreien lassen können sollen. Im Gegenzug müssten die Unternehmen zusagen, im Falle einer Strommangellage ihren Betrieb zu reduzieren oder einzustellen.

Die Schweizer Stahlindustrie stand zuletzt unter Druck – auch, aber nicht nur wegen hoher Energiepreise. Der Stahlhersteller Stahl Gerlafingen im Kanton Solothurn schliesst Ende Mai eine seiner beiden Produktionsstrassen und baut 95 Arbeitsplätze ab, 68 Mitarbeitende erhalten die Kündigung.

Als Herausforderungen listet der Bundesrat etwa das Verhandlungspaket mit der EU, der weitere Ausbau des Netzes an Freihandelsabkommen und die Umsetzung des neuen Unternehmens­entlastungsgesetzes auf.

Auch die Revision des Kartellgesetzes und die Reform der Wettbewerbsbehörden, die weitere Förderung der Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials, die Beschleunigung beim Aus- und Umbau der Stromnetze oder die geplanten Reformen der AHV gehörten zur wirtschaftspolitischen Agenda der nächsten Jahre.

Begrenztes Risiko durch Handelsabhängigkeiten

Die Handelsabhängigkeiten der Schweiz sind insgesamt überschaubar und meist unproblematisch, so der Bundesrat. Durch eine Diversifizierung des Handels soll die Versorgungssicherheit weiter gestärkt werden. Wertmässig betreffen die Handelsabhängigkeiten weniger als zwei Prozent der Schweizer Warenimporte.

Drei Personen bei einer Pressekonferenz.
Legende: Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Direktor im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Guy Parmelin, Wirtschaftsminister und Ursula Eggenberger, Bundesratssprecherin ad interim (v.l.n.r.) an der heutigen Medienkonferenz. Keystone/Anthony Anex

Von den 195 identifizierten Gütern mit Abhängigkeiten ist eine grosse Mehrheit gemäss dem Bericht nicht als problematisch einzustufen. 18 Güter fallen unter das Landesversorgungsgesetz – beispielsweise entkoffeinierter Kaffee. 14 Güter wie Laptops oder Empfangsgeräte für den Rundfunk könnten Teil kritischer Infrastrukturen sein, wie dem Bericht zu entnehmen ist.

«Der Bundesrat ist sich bewusst, dass weitere Risiken bestehen können, beispielsweise aufgrund indirekter Abhängigkeiten bei Importen über Drittstaaten.» Er erachtet jedoch industriepolitische Initiativen zum Abbau von Abhängigkeiten nicht als zielführend, wie es hiess.

Bundesrat appelliert an die Eigeninitiative der Unternehmen

Wichtig sei die Rolle der Unternehmen: «Diese erkennen allfällige Abhängigkeiten am schnellsten und können sie effizient adressieren», so der Bundesrat. Er unterstütze die Unternehmen bei diesen Tätigkeiten. Zu den Massnahmen gehörten etwa das neulich unterzeichnete Freihandelsabkommen mit Indien oder die Aufhebung der Industriezölle Anfang 2024. In Arbeit sei eine Revision der Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung.

SRF 4 News, 22.05.2024, 15 Uhr ; 

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