Vischer mit V: In Basel gehört diese Familie zum «Daig», zum inneren Kreis der Alteingessenen und Reichen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen des Vaters an Sohn Daniel: Der Vater war Jurist und Rektor der Universität Basel. Doch Daniel, geboren 1950, ging seinen eigenen Weg. Er interessierte sich mehr für Fussball als für Grammatik und schaffte die Matura nur mit Ach und Krach.
«Wir schwänzten oftmals die Schule und gingen ‹töggelen›. Wir gingen auch oft an Fussballmatches. Es war fast ein bisschen In, kein Streber zu sein», erinnerte er sich in einem Radiointerview.
Der Traum von der linken Revolution
Zur Politik kam Vischer 1968 durch die Jugendunruhen und den Vietnamkrieg. «Die Brutalität der Kriegsführung der Amerikaner in Vietnam löste einen Schock aus – und setzte eine Eruption frei», sagte er später. Vischer ging als Sekretär zu den POCH, den Progressiven Organisationen der Schweiz, einer Linksaussen-Partei.
Er träumte von der Revolution und besuchte linke Diktaturen in Kuba und Nordkorea. Mit 30 begann er ein Jura-Studium und wurde später Anwalt. Nach dem Ende der POCH wechselte er zu den Grünen. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Vischer beim Swissair-Grounding. Damals setzte er sich als Gewerkschafter für die Angestellten ein.
Die Brutalität der Kriegsführung der Amerikaner in Vietnam löste einen Schock aus – und setzte eine Eruption frei
2003 wurde er in den Nationalrat gewählt: «Ohne Grounding wäre ich wohl gar nie Nationalrat geworden. Erst dieses machte mich bekannt», gestand er freimütig ein. Dort fiel er rasch durch seine rhetorischen Fähigkeiten und sein Engagement in unterschiedlichen Bereichen auf.
Ein Kämpfer für den liberalen Rechtsstaat
Vischer hatte ein Flair für Aussenpolitik und machte sich insbesondere für die Anliegen der Palästinenser stark. Daneben kämpfte er im Nationalrat vor allem gegen einen überbordenden Überwachungsstaat.
Vischer setzte sich unermüdlich für die Grundrechte und den liberalen Rechtsstaat ein – nachdem er als Junger noch gegen die staatliche Ordnung angerannt war. «Leute wie ich sind zu Verteidigern des Rechtsstaats geworden – gegen die SVP und andere. Wer hätte das gedacht», stellte er fest.
Anwaltsbüro mit Billardtisch
Vischer lebte für die Politik: 20 Jahre sass er im Zürcher Kantonsrat, zwölf Jahre im Nationalrat. In dieser Zeit scheute er keine kontroverse Debatte; und trotzdem erwarb er sich über die Jahre Respekt über die Parteigrenzen hinweg und wurde zu einer Art juristischem Gewissen im Parlament.
Als er 2015 zurücktrat, fiel ihm der Abschied von der Politik schwer: «Man macht Politik und will Anerkennung. Jetzt ist man eine Nebenfigur.» Nach seinem Rückzug aus der Politik arbeitete er weiter als Anwalt – in seinem Büro mit Jukebox und Billardtisch.
Am Dienstag starb Daniel Vischer an Krebs. Einen Tag nach seinem 67. Geburtstag.