In der Kritik steht vor allem der Regierungsstatthalter Interlaken-Oberhasli. «Die Behörden haben alles versucht, um mein Projekt zu stoppen», sagt Ruben Anderegg aus Meiringen.
Was ist passiert?
Auf dem Brünigpass direkt an der Hauptstrasse wollte Anderegg sein altes Personalhaus für Hotelangestellte umnutzen. Das Projekt: Die verstaubten Zimmer mit Bad renovieren und sie dann für Touristen anbieten. Einfach, aber modern. Das Spezielle daran: Kein Personal vor Ort. Deshalb auch kein Hotel. «Die Gäste konnten beim Eingang selbständig an einem Automaten ein- und auschecken.» Diese Unterkunft bot der Unternehmer bei Airbnb an.
Doch sein Projekt auf dem Brünig habe es von Anfang an schwer gehabt. Die Leute im Dorf seien misstrauisch gewesen, auch die Behörden. Es folgte ein jahrelanger Kampf mit der Bauverwaltung der Gemeinde Meiringen und dem Regierungsstatthalteramt Interlaken-Oberhasli. Insgesamt reichte Ruben Anderegg drei ordentliche Baugesuche ein. Es kam immer wieder zu Verzögerungen.
Das wäre mir nie im Traum in den Sinn gekommen, dass dies so ein Theater geben kann.
Der Regierungsstatthalter schrieb 24 Verfügungen. Dann der Negativbescheid: Keine Bau-Bewilligung. Ruben Anderegg ignorierte den Entscheid, baute weiter und vermietete seine Zimmer. Als selbständiger Unternehmer sei es ums Überleben gegangen. Die Behörden siegelten die Unterkunft, Gemeinde und Regierungsstatthalter erstatteten Strafanzeige. Ruben Anderegg erhielt eine Busse von knapp 35'000 Franken. Doch der Unternehmer kämpfte weiter.
Brünig Lodge
Nach viereinhalb Jahren bekam er für sein Projekt in leicht abgeänderter Form recht, von der Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern. «Das war eine echte Genugtuung», sagt Anderegg heute. Nun hätte er seine «Brünig Lodge» wieder öffnen und weiterbetreiben können. Doch wegen des langen Rechtsstreits konnte er die Hypothek nicht mehr bezahlen und musste die Lodge verkaufen.
Ungereimtheiten
«Da lief einiges schief, sowohl auf Seite der Behörden, als auch beim Gesuchsteller», sagt der auf Baurecht spezialisierte Rechtsanwalt, David Inauen. «Viereinhalb Jahre für eine einfache Umnutzung innerhalb des Gebäudes, an der Grenze der Bewilligungspflicht, ist definitiv zu lang.»
Zudem habe der Regierungsstatthalter in mehreren Punkten seine Kompetenzen überschritten: Einerseits habe er baupolizeiliche Aufgaben wahrgenommen, obwohl diese in erster Linie Aufgabe der Gemeinde gewesen wären. «Andererseits hat er einen informellen Augenschein gemacht, diesen protokolliert und auch in seinem Entscheid erwähnt». Das dürfe er nicht tun, sagt Baurechtsexperte Inauen. Es zeige, dass der Regierungsstatthalter als Aufsichtsbehörde gegenüber Anderegg nicht mehr neutral gewesen sei.
Regierungsstatthalter Martin Künzi bestreitet auf Anfrage, seine Kompetenzen überschritten zu haben. Eine entsprechende Beschwerde der Bauherrschaft habe die Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern als unbegründet abgewiesen. Er betont weiter, er behandle alle Bürgerinnen und Bürger gleich. Bezüglich der langen Dauer sei zu bemerken, dass es sich um drei verschiedene, voneinander unabhängige Baubewilligungsverfahren gehandelt habe: «Die Verfahrensdauer wurde grösstenteils durch die Bauherrschaft verursacht», so Künzi.
Ruben Anderegg hat den Rechtsstreit gewonnen. Doch der Preis war hoch, er verlor nicht nur die «Brünig Lodge»: «Ich war gezwungen, auch das Familienhaus zu verkaufen, um finanzielle Mittel freizumachen, um den Kampf zu Ende zu führen». Anderegg erwägt eine Schadenersatzforderung beim Kanton Bern.