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Lebenslange Verwahrung Nur wenige ordentlich verwahrte Straftäter werden entlassen

Schwere Straftäter haben in der Schweiz eine kleine Chance, wieder auf freien Fuss zu kommen: In den vergangenen 14 Jahren haben die Behörden jährlich im Schnitt zwei Prozent der ordentlich Verwahrten bedingt entlassen.

Bis ans Lebensende wegesperren? Viermal musste sich das Bundesgericht bereits mit einer lebenslänglichen Verwahrung befassen. Viermal hoben die Richter das Urteil wieder auf. Von einer Kuscheljustiz kann dennoch nicht die Rede sein.

Von 2004 bis 2017 sind insgesamt 27 Personen, die eine schwere Straftat begangen haben, aus der ordentlichen Verwahrung wieder freigekommen. Das zeigt eine nationale Studie von Thomas Freytag, Vorsteher des Amtes für Justizvollzug des Kantons Bern, und Aimée Zermatten, Doktorandin an der Universität Freiburg. Zuvor hatten die «Sonntagszeitung» und der «Sonntagsblick» sowie «RTS Info» über die Studie berichtet.

Verwahrung

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Gittertor im Ausschaffungsgefängnis Zürich.
Legende: Keystone

Lebenslange Verwahrung

Bei der lebenslänglichen Verwahrung wird eine Entlassung nur geprüft, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass die verurteilte Person so behandelt werden kann, dass sie für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt.

Ordentliche Verwahrung

Die Verwahrung gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB wird auf Grund von Persönlichkeitsstörungen oder psychischen Störungen des Täters vom Gericht ausgesprochen. Die Verwahrung wird nach der abgesessenen Haftstrafe vollzogen. Sie wird üblicherweise in einer Massnahmevollzugseinrichtung oder in einer Strafanstalt durchgeführt. Sie wird jährlich überprüft.

Kleine Verwahrung

Die kleine Verwahrung bezeichnet eine stationäre therapeutische Massnahme, die vom Gericht angeordnet wird.

Damit nähere sich die Durchführung der ordentlichen Verwahrung jener der lebenslänglichen Verwahrung an, schreibt das Forschungsteam in einer Mitteilung. Im Schnitt waren in den vergangenen Jahren 141 Straftäter ordentlich verwahrt. 2015 wurden zwei Täter entlassen, 2016 einer und 2017 keiner.

Unterschiedliche Risikobeurteilung

Einen grossen Unterschied gibt es gemäss Studie zudem zwischen der Anzahl bedingter Entlassungen aus der sogenannten kleinen Verwahrung, dem stationären Massnahmenvollzug, und aus dem Vollzug einer normalen Freiheitsstrafe. In eine kleine Verwahrung geraten psychisch schwer gestörte Täter.

Von 2014 bis 2015 wurden 11 Prozent der im Schnitt 464 Insassen in einer stationären Massnahme nach Artikel 59 Strafgesetzbuch entlassen. Demgegenüber haben Behörden eine bedingte Entlassung bei der Freiheitsstrafe in 73 Prozent der Fälle bewilligt.

Gründe für diesen Unterschied sehen die Forscher bei den strengeren Prüfungsverfahren und der unterschiedlichen Risikobeurteilung. Wird ein Täter aus der Freiheitsstrafe entlassen, darf nicht anzunehmen sein, dass er weitere Verbrechen oder Vergehen begeht, wie es in der Mitteilung heisst.

Für eine bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug muss zusätzlich eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich der Täter in Freiheit bewähren wird. Dies unter anderem darum, weil die Täter gefährlich sind oder eine schwere psychische Störung vorweisen.

Kein Röstigraben

Die Studie zeigt weiter, dass es bei der restriktiven Bewilligung der bedingten Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug keinen Röstigraben gibt: Die Bewilligungen sind in der ganzen Schweiz relativ einheitlich.

Im deutlichen Gegensatz zur Entlassung aus dem Strafvollzug: In der Westschweiz werden Entlassung deutlich weniger oft bewilligt als in der Deutschschweiz, wie die Studie weiter zeigt.

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