Das Herbstsemester steht vor der Tür und die Hörsäle der PH Bern werden rappelvoll sein. 825 Studierende beginnen ihre Ausbildung zur Lehrperson. Rekordniveau, schreibt die PH in einer Medienmitteilung.
Neben der normalen Grundausbildung bietet die PH Bern zusätzlich auch neue Unterrichtsmodelle an: Einen Studiengang für Leute, die zwar eine Berufsmatura haben, aber die Ergänzungsprüfung der PH nicht absolvierten. Das so erlangte Diplom ist nur im Kanton Bern gültig.
Weiter gibt es ab dem kommenden Semester Kurse für Leute, die ohne pädagogische Ausbildung unterrichten. Beide Angebote sind Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel.
Wir begrüssen es, wenn Studierende zusätzlich an einer Schule unterrichten.
Auch die Bedingungen für ein Teilzeitstudium habe die PH Bern verbessert. 1500 Studierende der Hochschule arbeiteten aktuell bereits Teilzeit an einer Schule. «Studierende, die zusätzlich an einer Schule unterrichten, erhalten mehr Einblicke in die Praxis. Das ist gut für das Studium», sagt Rektor Martin Schäfer.
Der frühe Einstieg in die Praxis, sowie die neuen Angebote, werfen aber auch Fragen auf: Ist die Qualität des Unterrichts gesichert?
Die Flexibilität hat ihren Preis
«Wenn man studieren und unterrichten unter einen Hut bringen muss, braucht es Kompromisse», sagt Martin Schäfer und ergänzt, «dass die Qualität gar nicht darunter leidet, ist ein sehr hoher Anspruch.»
Der Kanton geht Risiken ein, wenn nicht pädagogisch ausgebildete Leute unterrichten.
Neben Teilzeitstudierenden unterrichten auch viele Leute ohne Lehrdiplom. Der Kanton gehe grosse Risiken ein, indem er nicht pädagogisch ausgebildete Lehrkräfte beschäftige, so Schäfer.
Aufgrund der Notsituation mit dem Lehrpersonenmangel sei dies aber nötig. Sonst würde gar niemand unterrichten. Man setze alles daran, dass diese Leute eine Lehrerausbildung absolvieren, um sie lange im Beruf zu halten.
Crashkurse sind kein Ersatz für ein PH-Studium
Der Lehrberuf sei auf Dauer nur schwer ohne Ausbildung zu meistern, sagt Martin Schäfer. Crashkurse könnten eine fundierte Ausbildung nicht ersetzten. Mittelfristig sei diese erforderlich.
Diese Meinung teilt auch Silja Rüedi, Prorektorin Ausbildung der PH Zürich. Leute, die ohne Lehrdiplom unterrichten, seien auf die Unterstützung innerhalb ihrer Schule angewiesen.
Um Personen, die momentan ohne Diplom unterrichten, in die Ausbildung zu holen, gibt es in Zürich ein neues Verfahren.
Sur dossier Aufnahmeverfahren als Lösung
Wer mindestens 27 Jahre alt ist, eine Anstellung an einer Volksschule hat und weitere Bedingungen erfüllt, kann auch ohne Matura ein Studium an der PH beginnen. In der Regel studieren diese Leute dann berufsbegleitend.
Ein ähnliches sur dossier Verfahren gibt es auch an den Pädagogischen Hochschulen der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, z.B. in Baselland oder Aarau. Hier hätten sich die Anmeldezahlen gegenüber dem Vorjahr verdoppelt, so Karin Hiltwein, Generalsekretärin der FHNW.
In Zürich sowie an den Pädagogischen Hochschulen der FHNW würden die sur dossier Studierenden zu Beginn des Studiums auch auf ihre Studiums- und Berufseignung überprüft. Am Ende erhalten sie das gleiche Diplom wie reguläre Studierende.
Die grossen Pädagogischen Hochschulen verzeichnen in all ihren Studiengängen und Kursen sehr viele oder sogar Rekord-hohe Anmeldungen. Ob die zusätzlichen Angebote den Lehrkräftemangel abmildern können, bleibt abzuwarten.