Der Leimenhof in Wenslingen im Baselbiet sieht auf den ersten Blick aus wie ein gewöhnlicher Bauernhof. Zwei Silotürme ragen in den Himmel, Kühe weiden auf grünen Wiesen, Traktoren stehen bereit und der Raps wächst auf dem Feld.
Doch der Leimenhof ist kein gewöhnlicher Hof, sondern über die Grenzen des Oberbaselbiets bekannt. Grund sind die verschiedenen Kanäle auf Social Media, welche die Betriebsleiter René Ritter und Andreas Gass neben dem Hof bewirtschaften. «Meine Kollegen nehmen mich hoch, wenn ich beispielsweise am Openair Gampel x-mal Selfies geben muss», lacht Ritter.
Die Idee, sich im Internet zu präsentieren, hatte Ritter, der jüngere der beiden Leimenhof-Bauern, beim Surfen durchs Internet: «Ich bin auf Youtube mal auf einen amerikanischen Kanal mit dem Namen ‹Millenial Farmer› gestossen. Dieser hat über eine Million Follower. Da habe ich zu Andi gesagt: Lass uns das mal ausprobieren», erzählt Ritter, der nach eigenen Angaben pro Woche mehrere Stunden in die Produktion der Kurzvideos investiert – oft am Abend nach der Arbeit auf dem Feld, in seiner Freizeit.
Von Mähdreschern und Hasengassen
In regelmässigen Abständen produziert Ritter neue Kurzfilme, die er verkürzt via Instagram und Tiktok verbreitet. Der Inhalt: den Alltag eines Bauern aufzeigen, die Freuden und Leiden teilen, sei es, wenn beispielsweise mal wieder der Mähdrescher kaputt ist oder die Behörden mit neuen Auflagen kommen.
Hasengassen sind eine solche Auflage, die bei Gass und Ritter aktuell auf wenig Gegenliebe stösst. Auf den Ackerflächen können Bauern als eine Option für mehr Biodiversität sogenannte Hasengassen für Feldhasen schaffen. Im entsprechenden Kurzvideo zu dem Thema scherzt Ritter: «Diese Hasengassen erleichtern den Greifvögeln die Arbeit bei der Suche nach ihrer Beute.»
Die offene und unterhaltsame Art der Videos mit Ritters Kommentaren kommt bei den Userinnen und Usern offenbar gut an. Unterdessen verzeichnen einzelne Videos vom Leimenhof über 160'000 Aurufe auf Tiktok. Der Erfolg in Zahlen sei zwar schön, sagt Gass, aber für ihn sei wichtiger, dass die Botschaft bei den Endkunden ankommt.
Jammern in der Schule gelernt?
«Die Idee ist, Transparenz schaffen. Denn Transparenz schafft Vertrauen», erklärt Ritter. Natürlich soll mit dem Onlineauftritt auch das Label Leimenhof bekannter gemacht werden. Und wichtig sei auch, zwischen Stadt und Land zu vermitteln, erklärt Ritter: «Aufklären ist wichtig, damit zwischen Stadt und Land kein Graben entsteht.»
Gass, der auch Gemeindepräsident von Wenslingen ist, ergänzt: «Es heisst immer, wir Bauern haben das Jammern schon in der landwirtschaftlichen Schule gelernt und wir erhalten ja genügend Direktzahlungen. Aber wann man uns Marktpreise zahlen würde, dann bräuchten wir die Direktzahlungen nicht.»
Vor allem der finanzielle Druck bereite vielen Bauernbetrieben Sorge. Er höre immer wieder von jungen Bäuerinnen und Bauern, die ihren Kindern sagen, sie sollen sich für einen anderen Beruf entscheiden, sagt Ritter. «Das tut mir weh. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Gesellschaft will, dass immer mehr Betriebe in der Schweiz verschwinden.»
Für mich ist es der schönste Beruf, den es gibt.
Dennoch ist und bleibe die Landwirtschaft für ihn ein Traumberuf. «Wenn man mit einem Bauern über die Produktion spricht, glänzen die Augen. Das ist pure Leidenschaft und für mich der schönste Beruf, den es gibt.»