- Nach dem Bergsturz vom Mittwochmorgen bei der Bergeller Ortschaft Bondo gelten acht Erwachsene weiterhin als vermisst.
- Bei den Vermissten handelt es sich um Alpinisten und Wanderer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
- Eine weitere sechsköpfige Wandergruppe, zu der man den Kontakt verloren hatte, ist mittlerweile unversehrt in Italien aufgetaucht.
- Bundespräsidentin Doris Leuthard verschaffte sich aus dem Helikopter einen Überblick. Für die Vermissten hat die Bundesrätin wenig Hoffnungen. Es werde schwierig sein, sie lebend und gesund zu finden.
- Geologen führen den Bergsturz am Piz Cengalo mitunter auf den Klimawandel zurück. Die Katastrophe sei von einer Kombination aus auftauendem Permafrost und dem Druck von Wasser im Gestein ausgelöst worden.
An einer improvisierten Medienkonferenz im nahegelegenen Promontogno äusserte sich Bundespräsidentin Doris Leuthard zur Lage nach dem Bergsturz. Sie bezeichnete das Ausmass als «gewaltig». «Für die Gemeindepräsidentin wird jetzt das Wichtigste sein: Wie kann man wieder zur Normalität zurückkehren und die Menschen in die Häuser zurückholen», sagte Leuthard weiter.
In Zweiergruppen unterwegs
Die Bundespräsidentin überbrachte auch die Nachricht vom Wiederauftauchen der sechsköpfigen Gruppe im angrenzenden Italien. Weiterhin ungewiss bleibt das Schicksal von acht Personen. Es handelt sich um erwachsene Wanderer und Berggänger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die unabhängig voneinander in Zweiergruppen im Gebiet unterwegs waren.
Sechs Personen waren von Familienangehörigen als vermisst gemeldet worden. Zwei weitere Personen hielten sich zum Zeitpunkt des Bergsturzes in dessen Umgebung auf und können nun von den Einsatzkräften nicht erreicht werden, wie die Polizei an einer Medienkonferenz mitteilte.
Leuthard äusserte sich auch zur Lage dieser Vermissten. Es werde schwierig sein, sie lebend und gesund zu finden, sagte sie.
Ortung von Mobiltelefonen
«Wir werden suchen, solange man noch was sieht», so Einsatzleiter Andrea Mittner. Danach sei die Suche zu gefährlich. «Wir geben nicht auf. Wir suchen mit allen möglichen Mitteln.» Morgen früh werde die Suche dann fortgesetzt. Dann würden vor allem Hunde eingesetzt.
Im Moment wird am Boden und aus der Luft nach den Vermissten gesucht. Im Einsatz stehen zwei Helikopter, Suchmannschaften mit Hunden, Wärmebildkameras und Geräte zur Ortung von Handystrahlen. Rund 120 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Militär, Zivilschutz und Gemeinde beteiligen sich an der Suche.
Auch gegenüber SRF-Korrespondentin Simona Caminada haben die Suchmannschaften die Befürchtung bestätigt, dass wenig Hoffnung für die Wanderer bleibt. «Die Einsatzkräfte haben mir gesagt, dass wenn diese acht Personen genau an dem Ort oder in dem Gebiet waren, wo sich der Bergsturz ereignet hat, dann werde die Chance nicht gross sein, dass sie diesen überlebt haben.» Man müsse sich vorstellen, dass sich in dem betroffenen Gebiet, die Felsen und Gebirgsmassen bis zu 10 Meter hoch türmten.
Gefahr war bekannt – automatischer Alarm ausgelöst
Der Bergsturz hatte sich am Mittwochmorgen am Piz Cengalo zuhinterst im Val Bondasca gelöst. Felsmassen stürzten vom Gipfelbereich ins Tal und wurden dann als Murgang vom Bach Bondasca talauswärts bis nach Bondo geschoben. Das Dorf wurde vom gewaltigen Murgang gestreift, ein halbes Dutzend Gebäude beschädigt. Und im Val Bondasca walzten die Gesteinsmassen zwölf Maiensässe nieder.
Insgesamt stürzten vier Millionen Kubikmeter Gestein zu Tal. Das Volumen der weggebrochenen Felsmassen entspricht etwa 4000 Einfamilienhäusern. Eine weitere Million Kubikmeter ist am Berg in Bewegung und könnte ebenfalls abstürzen.
Die Bergsturzgefahr am Piz Cengalo ist seit langem bekannt. Im Val Bondasca ist ein automatisches Murgang-Alarmsystem eingerichtet worden. Dieses trat am Mittwoch in Aktion, alarmierte Einsatzkräfte und sperrte mittels Verkehrsampeln Strassen.

Das Bergsturzgebiet am Piz Cengalo wird seit Jahren vom kantonalen Amt für Wald- und Naturgefahren überwacht. Bei einer Messung Ende Juli hatten Geologen gemäss einem Bericht der Zeitung «Südostschweiz» massiv erhöhte Felsbewegungen festgestellt. Letzte Woche war dann offenbar ein Zugangsverbot für Maiensässe im gefährdeten Gebiet ausgesprochen worden.
Der Bergsturz wird von Geologen mitunter auf den Klimawandel zurückgeführt. Verursacht wurde der Bergsturz von einer Kombination aus auftauendem Permafrost und dem Druck von Wasser im Gestein, wie Martin Keiser vom kantonalen Amt für Wald und Naturgefahren an einer Medienkonferenz erklärte.
Bondo bleibt evakuiert
Insgesamt wurden im Bondasca-Tal etwa 12 Maiensässe ganz oder teilweise beschädigt. Das Dorf Bondo wurde vom gewaltigen Murgang gestreift. Zwei Ställe am Dorfrand wurden zerstört. Die Einwohner von Bondo dürfen vorerst nicht in ihre Häuser zurückkehren. Der 200-Seelen-Ort bleibt evakuiert. Experten schliessen weitere Bergstürze im Seitental Val Bondasca nicht aus. Auch die Hauptstrasse durch das Tal bleibt gesperrt. Die Fahrbahn war vom Murgang sowohl unter- als auch überspült worden. Sie ist beschädigt und stellenweise verschüttet. Eine einspurige Umfahrung wurde eingerichtet. Diese ist aber nur am Tag offen. |
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