- In der Walliser Gemeinde Blatten im Lötschental sind am Samstag 92 Bewohner und Bewohnerinnen im südlichen Dorfteil wegen eines Felssturzes evakuiert worden.
- Nun vermelden die Behörden, dass die anhaltende Instabilität im Bereich des Kleinen Nesthorns und des Birchgletscher an der Südflanke des Lötschentals «eine konkrete Gefahr durch mögliche Bergstürze» darstelle.
- Der Berghang bleibe instabil und es würden kontinuierlich Bewegungen und Gesteinsabgänge registriert, heisst es weiter.
- Was das für die evakuierten Personen längerfristig bedeutet, ist derzeit unklar.
Laut einer Mitteilung der Gemeinde Blatten bestätigen aktuelle Messdaten und die Erkenntnisse aus einem Erkundungsflug eine zunehmende Dynamik des betroffenen Hangs. «Innerhalb weniger Tage wurden mehrere Meter tiefe Absenkungen und grosser Risse festgestellt.»
Neben den 92 Einwohnern mussten 16 Feriengäste ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Alle Personen konnten rasch eine geeignete Unterkunft finden, schreibt die Gemeinde weiter.
Zum Schutz der Bevölkerung habe die Gemeinde auf «dringliche Empfehlung» des Kantons entschieden, einen Teil des südlichen Gemeindegebiets vorsorglich zu evakuieren, heisst es weiter. «Es war richtig, dort zu evakuieren», sagt Matthias Bellwald, Gemeindepräsident von Blatten, nach dem Rekognoszierungsflug gegenüber SRF.
Er sei selbst nach dem Sonntagsgottesdienst in der Kirche auf die Kanzel gestiegen und habe die Anwesenden aufgerufen, sich bei der Gemeinde abzumelden. «Wir wussten, wir haben genau eine Stunde, um zu räumen.» Die Bevölkerung habe das Unausweichliche gut akzeptiert, sagte Bellwald.
Die Kantonsgeologen haben in den vergangenen Tagen Kameras und ein GPS-Gerät installiert. Dabei sei eine Verschiebung von über 2.90 Meter festgestellt worden, die jetzt wohl noch grösser sei, sagt Alban Brigger von der Abteilung Naturgefahren des Kantons Wallis: «Wir sehen, dass hier wirklich ein Bergsturz in Ankündigung ist.»
Die Experten gehen davon aus, dass im schlimmsten Fall über eine Million Kubikmeter Material ins Tal donnern könnten. In den letzten Tagen sei es in diesem Gebiet immer wieder zu Felsabbrüchen gekommen. Etwa 30'000 Kubikmeter Gestein hätten sich gelöst.
Felssturz löste Murgang aus
Vor einigen Tagen waren Felsen am Kleinen Nesthorn (3342 m.ü.m.) – einem vorgelagerten Gipfel des Bietschhorns (3934 m.ü.M.) – auf den Birchgletscher gestürzt und lösten dabei einen Murgang aus. Dieser kam rund 500 Meter oberhalb des Flusses Lonza am südlichen Dorfrand zum Stillstand. Der Murgang hatte das Volumen einer kleinen Lawine, sagte Gemeinderat Reto Kalbermatten der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Strasse zwischen dem Weiler Ried und dem Dorf Blatten war in der Nacht auf Sonntag gesperrt. Am Morgen wurde sie wieder «unter Beobachtung des Gefahrengebiets» freigegeben.
In der kommenden Nacht soll die Strasse bis auf Weiteres erneut gesperrt werden. Dies geht aus der Medienmitteilung der Gemeinde Blatten hervor. Ausserdem bleiben mehrere Wanderwege bis auf Weiteres gesperrt.
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Bild 1 von 2. Die Abbruchstelle am Kleinen Nesthorn (R), einem nordwestlich vorgelagerten Gipfel des Bietschhorns (M). Bildquelle: KEYSTONE / Cyril Zingaro.
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Bild 2 von 2. Das Felsmaterial stürzte auf den Birchgletscher. Sein Schmelzwasser fliesst als Birchbach in die Lonza. Bildquelle: KEYSTONE / Cyril Zingaro.
Der Birchgletscher steht seit den 1990er Jahren unter Beobachtung. Die Gemeinde vermutete, dass die bevorstehende Schneeschmelze ab etwa 2500 Metern Höhe die aktuelle Gefährdungslage verursacht haben könnte.