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Machtverlust für Medien? Schweizer Politiker setzen auf Livestreams

Ein mittlerweile gängiges Bild: Nationalräte antworten live und direkt auf die Fragen der Zuschauer auf den Sozialen Medien. Lukas Reimann von der SVP und SP-Mann Cédric Wermuth diskutierten beispielsweise diese Woche via Instagram über die Selbstbestimmungsinitiative. Die Parteien wollen so die Jungen abholen.

«Wir müssen auch in der politischen Kommunikation dahin gehen, wo die Menschen sind», erklärt Alessandro Iacono, Verantwortlicher für Online-Kampagnen bei der SP Schweiz. Gerade viele junge Menschen seien auf Instagram unterwegs. Dies dürfe die SP auf keinen Fall vernachlässigen.

Via Livestream direkt und ungefiltert die eigenen Botschaften verbreiten. Das ist nicht nur bei den Polparteien beliebt. Auch die CVP übertrug diese Woche die Präsentation ihrer Bundesratskandidaten live auf Facebook.

Tobias Keller, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Zürich, ist vom Potential solcher Livestreams überzeugt. «Es lohnt sich vor allem am Anfang, um etwas zu etablieren, auch wenn es dann noch wenige Zuschauer sind.» Die Parteien könnten aber nur gewinnen, wenn sie die Sache professionell angehen, sagt Keller.

Sanders, Strache, AfD und Co.

Professionell unterwegs ist man in den USA. Bernie Sanders erreichte mit seinen Facebook-Livestreams im Wahlkampf mehr Zuschauer als CNN.

In Deutschland ist die AfD Spitzenreiterin auf Social Media. Keine Partei hat mehr Facebook-Follower. Ihr Vorbild ist die österreichische FPÖ. Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat auf seinem Kanal teilweise mehr Zuschauer als das ORF.

«Machtverlust für traditionelle Medien»

Schweizer Parteien seien davon noch weit entfernt, meint SRF-Digitalredaktor Guido Berger. Der Druck auf die traditionellen Medien steige jedoch. «Die Deutungshoheit ist nicht mehr bei dem einen grossen Broadcastunternehmen allein.»

Sie verschiebe sich vielmehr auf einzelne Personen, die direkt ihr eigenes Publikum erreichten und so eine grössere Wirkung erzielten als klassische Medien. «Das ist ein Machtverlust für die traditionellen Medien», ist Berger überzeugt. Live und unzensiert: Für die Parteien sind Livestreams auf Social Media attraktiv. Noch ist ihre Reichweite allerdings begrenzt.

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