Die siebenjährige Sarah und die neunjährige Nuran Trachsel sind wieder in der Schweiz. Am Wochenende konnten die Kinder aus Ägypten ausreisen und mit ihrer Mutter in die Schweiz fliegen. Damit nimmt eine Odyssee nach über viereinhalb Jahren ein Ende. Doch die Angst, dass die Ausreise nicht funktionieren könnte, war bis zur letzten Minute da.
Die ganze Familie Trachsel hatte um die zwei Kinder gebangt. Die Grosseltern haben das Drama hautnahe miterlebt. Der Grossvater der Mädchen schrieb am Wochenende auf Facebook: «Freude herrscht! Unsere Grosstöchter wurden in Ägypten befreit und konnten zu ihrer Mutter in die Schweiz zurückkehren. Wir hoffen nun, dass sie hier ungestört den Rest ihrer Jugendzeit verbringen dürfen.» Auch der Grossmutter Christine Trachsel fällt ein Stein vom Herzen. Die Anspannung sei unerträglich gewesen.
Entführung in den Ferien
Die Geschichte beginnt am Nil. Mutter Karin Trachsel heiratet einen Ägypter. Sie trennt sich, als er gewalttätig wird. 2015 geht er mit den Kindern nach Ägypten in die Ferien und kehrt nicht mehr in die Schweiz zurück. Fast fünf Jahre lang behält der Ex-Mann die Töchter danach in Ägypten.
Karin Trachsel versucht sich vor einem Gericht in Kairo das Sorgerecht zu erstreiten. Doch die Verhandlungen mit den Behörden sind schwierig und von Rückschlägen geprägt. Denn Ägypten ist kein Mitglied des Haager Übereinkommens, das rund 100 Länder unterzeichnet haben. Dieses regelt die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen.
Auch Vorstösse des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) brachten Anfangs keinen Erfolg.
Ein aussergewöhnlicher Fall
Am Ende entscheidet das Gericht doch zugunsten von Karin Trachsel. Der Fall ist umso bemerkenswerter, da ein Gericht in einem islamischen Land zugunsten der Frau entschieden hat. Häufig verlaufen dort Rechtsstreitigkeiten anders, erklärt die Badener Rechtsanwältin Yvonne Meier. Sie hat selbst schon Mütter in islamischen Ländern vertreten und weiss, wie sehr man auf sich selbst gestellt ist.
Karin Trachsel kämpfte 2016 während acht Monaten in Ägypten um das Sorgerecht – die restliche Zeit versuchte sie aus der Schweiz die Kinder zurückzuerhalten. Diese Bemühungen hatten sie Hunderttausende von Franken gekostet und ihr Morddrohungen gegen sie und ihre Kinder eingebracht.
Wie die Rückkehr nun genau vonstattenging, ist nicht bekannt. Das EDA macht aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes keine näheren Angaben zu dem Fall. Auch Karin Trachsel kann nur spekulieren.
Rückkehr ins Ungewisse
Über fünf Jahre lebten die Kinder nun in Ägypten, wohnten in einer Grossfamilie und sprachen Arabisch. Nun wurden die Kinder wieder aus ihrem gewohnten Umfeld geholt, um in der Schweiz aufzuwachsen. Vieles ist noch unklar – für die Kinder vieles neu. Karin Trachsel hat hier keine Bedenken – sie ist sich sicher: In der Schweiz wachsen die Kinder besser auf.