Zum Inhalt springen

Männerdominanz im Ständerat «Sieben Kantone haben noch nie eine Ständerätin gewählt»

Es ist eine Premiere: Erstmals überhaupt werden voraussichtlich drei Frauen das Ständerats-Präsidium bilden.

Zu Beginn der Wintersession kommt es heute Montag zu einer Premiere: Im Ständerat übernehmen drei Frauen das Präsidium. Für Maya Graf, Grünen-Ständerätin und Co-Präsidentin des Frauendachverbands Alliance F, ist dieses reine Frauenpräsidium eine wichtige Entwicklung in der Kleinen Kammer.

Maya Graf

Ständerätin (Grüne/BL)

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Maya Graf sitzt seit 2019 für den Kanton Basel-Landschaft im Ständerat. Die Grüne-Politikerin ist Miteigentümerin eines Biobauernbetriebs und u.a. Co-Präsidentin der Frauenorganisation Alliance F.

SRF News: Was sagen Sie zu der Premiere im Ständerat?

Maja Graf: Diese historische Premiere, die sich voraussichtlich im Stöckli ergibt, freut mich sehr. Es ist wichtig für die Schweiz, für den Ausgleich der Geschlechter, für die gute Verteilung aller Bevölkerungskreise. Man muss auch sagen: Nach 175 Jahren Schweizer Bundesstaat ist es höchste Zeit, dass das Präsidium aus drei Ständerätinnen besteht.

SR-Präsidium 2023

Box aufklappen Box zuklappen

Als Präsidentin wird die Thurgauer Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller vorgeschlagen. Als Vizepräsidentinnen die jurassische SP-Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider und die Genfer Grünen-Ständerätin Lisa Mazzone.

Bringt das effektiv etwas für die Frauenförderung?

Ja, es ist für die Gleichstellung in der Schweiz sehr wichtig und hat eine enorme Vorbildfunktion. So wird gezeigt, dass es auch im Ständerat eine Selbstverständlichkeit ist, dass Frauen solche Spitzenpositionen einnehmen.

Der Anteil Frauen im Ständerat ist mit 28 Prozent nicht nur zu tief, er ist auch sehr fragil.

Es ist auch ein Ansporn für die kommenden Parlamentswahlen. Denn der Anteil Frauen im Ständerat ist mit 28 Prozent nicht nur zu tief, er ist auch sehr fragil. Die amtierenden Ständerätinnen müssen wiedergewählt werden.

Bei Majorzwahlen und sehr kleinen Wahlkreisen hat es die politische Vielfalt enorm schwierig, sich durchzusetzen.

Warum ist es so schwierig, den Frauenanteil im Ständerat zu erhöhen? Bisher hat er nie mehr als 30 Prozent betragen.

Die Ständeratswahlen sind Majorzwahlen, das heisst Mehrheitswahlen. Und es sind sehr kleine Wahlkreise. Es sind nur ein oder zwei Sitze zu besetzen. Hier hat es die politische Vielfalt enorm schwierig, sich durchzusetzen. Das heisst, hier haben auch bis jetzt untervertretene Bevölkerungskreise wie Frauen oder auch junge Politiker und Politikerinnen viel weniger Chancen.

Brigitte Häberli-Koller
Legende: Brigitte Häberli-Koller wird heute Montag voraussichtlich zur Ständeratspräsidentin gewählt. KEYSTONE/Anthony Anex

Das ist bei grösseren Wahlkreisen einfacher. Und so setzt sich im heutigen System immer noch ein Archetyp-Politiker, wenn man es so sagen will, durch. Der Archetyp ist männlich, eher älter und bürgerlich. Sieben Kantone haben noch nie eine Ständerätin nach Bern geschickt.

Wir fordern Kantonalparteien auf, auf den besten Listenplätzen Frauen zu nominieren.

Sie sind Co-Präsidentin von Alliance F und setzen sich für die Gleichstellung der Geschlechter in den Parlamenten ein. Machen Sie zu wenig, um die Frauen im Ständerat zu fördern?

Wir haben im Wahljahr 2019 mit der Wahlkampagne «Helvetia ruft» einen grossen Erfolg erzielt. Es wurden viel mehr Frauen gewählt, nicht nur in den Nationalrat; im Ständerat verdoppelte sich die Anzahl.

Was machen Sie konkret mit «Helvetia ruft»?

Wir schreiben Kantonalparteien an und fordern sie auf, auf den besten Listenplätzen oder wie im Ständerat Frauen für den Ständerat zu nominieren. Wir sagen ihnen auch, dass wir sie daran messen, dass wir das auch öffentlich diskutieren. Natürlich werden auf den sozialen Medien alle Frauenkandidaturen überparteilich unterstützt.

Das Gespräch führte Zoé Geissler.

SRF 4 News, Heute Morgen 28.11.2022; 06:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel