Die Schweiz hat nicht nur sieben Bundesrätinnen und Bundesräte. Sie hat auch 19 ehemalige Bundesratsmitglieder. Zurückgetreten, abgewählt. Dass nur die wenigsten gewillt sind, sich ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen, zeigen derzeit die beiden «amtsjüngsten» Ex-Bundesräte Alain Berset und Ueli Maurer.
Berset war bis Ende 2023 Bundesrat und brauchte nur ein paar wenige Tage, um sich zurückzumelden. Schon im Januar wurde bekannt, dass er für das Amt des Generalsekretärs des Europarats kandidiert. Aus Rücksicht auf das Wahlprozedere will er sich im Moment nicht öffentlich äussern.
Ueli Maurer kritisiert Corona-Massnahmen
Kein Blatt vor den Mund nimmt hingegen Ueli Maurer. Der auf Ende 2022 Zurückgetretene präsentiert sich als unverblümter Kritiker der bundesrätlichen Corona-Politik. Die Massnahmen seien völlig übertrieben gewesen, sagte er dem Internetsender Hoch 2.
Öffentlich Bunderatsentscheide zu kritisieren, die er einst kollegial mittragen musste – das findet Maurer kein Problem, wie er gegenüber «Rundschau» erklärt. «Wer sich nicht selbst kritisieren kann, der erfüllt den Auftrag nicht. Man muss auch sagen, da haben wir einen Seich gemacht und das müssen wir korrigieren.»
Adolf Ogi: «Man könnte in ein Loch fallen»
Auch jene, die schon länger nicht mehr im Amt sind, wollen den öffentlichen Auftritt nicht missen. Adolf Ogi könnte nach eigenen Angaben noch immer jeden Abend irgendwo eine Veranstaltung bestreiten.
In den vergangenen zehn Tagen trat der 81-Jährige beispielsweise an fünf Tagen jeweils an einem Anlass auf. «Wenn Sie von einem Tag auf den anderen Tag einfach abstellen, dann könnten sie in ein Loch fallen und Probleme bekommen.» Ogi spricht in Referaten meist über seine Karriere, seine Führungsprinzipien oder die Bedeutung des Sports.
Keine Stellung nimmt er in der Regel zur politischen Aktualität. Den Brief gegen die 13.-AHV-Rente, den er mit vier anderen ehemaligen Bundesratsmitgliedern unterschrieben hatte und der an die Stimmbürgerinnen und -bürger verschickt wurde, bezeichnet er inzwischen als Fehler. Dass die Aktion eher nicht goutiert wurde, hätte sich auch in vielen Mails und Briefen gezeigt, die Ogi erhalten hat. «Viele dieser Briefe, dieser Mails waren anonym, ohne Absender und sehr, sehr frech. Wir sollen – ich sage es nun – wir sollen die Schnorre halten, die Alten.»
Vom Verwaltungsrat zum Talkmaster: Leuenberger
Etwas anders interpretiert alt Bundesrat Moritz Leuenberger seine Rolle. Nach seinem Rücktritt wurde er Verwaltungsrat der Baufirma Implenia. Doch das kam in der Öffentlichkeit nicht gut an – er verliess das Gremium bald wieder.
«Als ich in die Rolle eines Conferenciers fand und eine Art politisches Cabaret gemacht habe, da fanden die Leute, doch, dort gehört er hin.» Von 2015 bis 2021 moderierte Leuenberger im Zürcher Bernhard-Theater erfolgreich eine Talkshow mit kabarettistischen Einlagen.
Momentan macht Leuenberger Pause, aber ein neues Talkformat sei in Planung. «Jeder Politiker, jede Politikerin ist auch etwas selbstverliebt, ein bisschen ein Narzisst, der immer auch ein bisschen im Rampenlicht stehen wollte.» Nach dem Rücktritt sich plötzlich überhaupt nicht mehr darstellen zu können, das falle den meisten eben sehr, sehr schwer, sagt Leuenberger.