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Medienkompetenz in der Schule «Wie kommen Sie zu Ihrer Story und was ist erlaubt?»

Neugierig, kritisch, kompetent: So sollen Jugendliche Medien nutzen. Ein neues Lehrmittel holt Profis ins Klassenzimmer.

Zeitung lesen, Online-Artikel beurteilen, Quellen erkennen: Das alles ist Medienkompetenz. Der Verband Schweizer Medien will bei diesem Thema mitreden. Die Branchenorganisation der privaten Medienunternehmen bietet darum für die Oberstufe kostenlos ein eigenes Online-Lehrmittel an.

Es ist auf den Lehrplan 21 abgestimmt und soll als Ergänzung dienen. Jugendliche sollen lernen, mit unterschiedlichen Informationskanälen umzugehen und Qualität einzuschätzen. Zum Angebot gehört auch, dass ein Journalist oder eine Journalistin eine Klasse besucht.

Woher kommen die Informationen?

In der dritten Sekundarklasse im zürcherischen Tann stellt Lehrerin Pia Kuster den Journalisten Malte Aeberli von den Zürcher Oberland Medien vor. Die erste Frage einer Schülerin lässt nicht lang auf sich warten und betrifft das Recherchieren: Wie kommen Sie zu Informationen? Haben sie bestimmte Taktiken und bereits präzise Ideen, wie Sie was suchen? Oder fangen Sie einfach mal an?

Haben Sie präzise Ideen, wie Sie was suchen? Oder fangen Sie einfach mal an?
Schülerin

Auf der einen Seite informierten Behörden, Unternehmen, aber auch Vereine und PR-Agenturen von sich aus, erklärt Malte Aeberli. Auf der anderen Seite – und viel wichtiger – seien für seine Art von Journalismus aber die Gespräche: Im eigenen Umfeld, in der Öffentlichkeit, in der Beiz, falls sie wieder offen sei. Ein Patentrezept, Geschichten zu finden, gebe es nicht. Auch Gespür und Erfahrung gehörten dazu.

Wie weit darf man gehen?

Ob er auch schon Illegales gemacht habe, um die Wahrheit herauszufinden beziehungsweise an die richtigen Informationen zu kommen, fragt ein Schüler. Malte Aeberli verneint für sich selbst und räumt ein, dass das zuweilen praktiziert werde.

Haben Sie schon Illegales gemacht, um an die richtigen Informationen zu kommen?
Schüler

Er verweist auf die Rechte und Pflichten und einschlägigen Richtlinien im Journalismus und gewisse Ausnahmen wie verdeckte Recherchen. Dies sei aber im Lokaljournalismus selten. «Fragen, nachfragen, recherchieren, die Gegenseite konfrontieren – das ist an der Tagesordnung», betont Malte Aeberli.

Selber journalistische Texte schreiben

Und die eigene Meinung – wie fliesst diese in Ihre Artikel ein? Zum Thema Objektivität wirft Malte Aeberli eine Gegenfrage in die Klassenrunde: Wird etwas objektiver, wenn bei der Gegenüberstellung von Argumenten auf der einen Seite eins mehr hängenbleibt?

Malte Aeberli erklärt nochmals den Unterschied zwischen Kommentar und Bericht. Die Schülerinnen und Schüler haben sich vorher mit Textsorten befasst und journalistische Texte – zum Beispiel Interviews oder Porträts – verfasst.

Vielleicht lese ich auch wieder mal eine Zeitung, es ist nicht ganz so langweilig, wie ich gedacht habe.
Schülerin

Die Stunde ist bei der Klasse gut angekommen. Der Einblick in die anspruchsvolle Arbeit der Medien aus Sicht eines Journalisten hat gefallen und neues Interesse geweckt: «Vielleicht lese ich auch wieder mal eine Zeitung, es ist nicht ganz so langweilig, wie ich gedacht habe», stellte eine Schülerin fest.

Online-Lehrmittel mit Praxis-Touch gefällt

Das ist eine gute Voraussetzung für die nächsten Wochen. Denn das Thema Medien wird die Schülerinnen und Schüler von der Sek Tann noch weiter beschäftigen. Für diese Stunde jedenfalls bekommt die Klasse gute Noten von Lehrerin Pia Kuster: «Sie hatten echte Fragen und erhielten spannende Antworten.»

Die Auseinandersetzung mit den Themen und dem neuen Online-Lehrmittel habe geklappt. Etwa die Bedeutung der Medien für die Demokratie, die Medienfreiheit und Fake News. «Die Klasse hat sich Medienkompetenz erarbeitet, lebendig und mit Bezug zur Praxis», so Kuster.

Rendez-vous, 03.05.2021, 12:30 Uhr

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