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Medikamentenknappheit Bund setzt bei Arznei-Engpässen auf digitale Gegenmittel

Bei der Versorgung der Schweiz mit lebenswichtigen Medikamenten soll künftig gelten: vorausschauen, statt hinterher das Nachsehen zu haben. Der Bund hat das Meldeverfahren für knappe und fehlende Heilmittel modernisiert. In naher Zukunft will er aus der digitalen Meldeplattform ein Frühwarnsystem entwickeln.

Warum der Bund seine Meldeplattform digitalisiert

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Ausgangslage: Die Schweiz steht zunehmend vor Herausforderungen in der Versorgung mit lebenswichtigen Humanarzneimitteln. Globale Lieferkettenprobleme und Marktveränderungen haben nationale und internationale Versorgungsengpässe verstärkt.

Digitalisierung: Der Bundesrat beschloss im Januar 2024, den im Rahmen einer Studie des BWL erarbeiteten Vorschlag für eine neue Heilmittelplattform umzusetzen. Diese soll als teilautomatisierte und skalierbare Lösung die Effizienz und Transparenz der heute mehrheitlich manuellen Prozesse im Heilmittelbereich nachhaltig verbessern.

Ziel der neuen Plattform: Die heutige Meldeplattform soll durch eine moderne Monitoring-Plattform ersetzt werden, die Synergien nutzt und durch standardisierte Datenanbindung alle Stakeholder vernetzt.

Alle wichtigen Informationen zur neuen Heilmittelplattform des Bundes.

Die Versorgungslage bei den Heilmitteln schätzt der Bund weiterhin als kritisch ein. Bei gewissen Antibiotika ist die Versorgung eingeschränkt, hält das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung in seiner jüngsten Lagebeurteilung für lebenswichtige Medikamente fest. Verschiedene Produkte kommen derzeit aus den sogenannten Pflichtlagern. Diese Reserven an wichtigen Medikamenten können Lieferengpässe abfedern. Mit Blick auf die Versorgungslage, die weltweit schwieriger und anfälliger geworden ist, hat der Bund diese Reserven aufstocken lassen.

Branche begrüsst Digitalisierung

Um künftig noch besser gewappnet zu sein, hat das zuständige Bundesamt diesen Sommer eine neue Meldeplattform geschaffen. Bei den Pharmafirmen kommt das gut an. Lucas Schalch, Geschäftsführer des Verbands Intergenerika, sagt: «Es ist gut, dass es auch im Schweizer Gesundheitswesen möglich ist, den Schritt in die Digitalisierung zu tätigen.»

Also weg von E-Mails und Excel-Files, hin zu einer digitalen Plattform, welche die nötigen Informationen in Echtzeit darstellt. Skeptischer beurteilt Schalch die Möglichkeit, daraus ein Frühwarnsystem zu entwickeln. Die Situation könne sich rasch verändern. «Es gab vor ein paar Jahren einen Grossbrand bei einem chinesischen Wirkstoffhersteller. Vom einen auf den anderen Tag gab es plötzlich keinen Wirkstoff mehr, und das wirkt sich natürlich schnell auf die ganze Lieferkette aus.» Er sehe nicht, wie man dies mit einer solchen Datenbank antizipieren wolle, so Schalch weiter.

Apotheken können früher reagieren

Bei der Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz sieht Präsident Marcel Plattner Vorteile durch den Wechsel: «Eine Apotheke kann beispielsweise früher reagieren und sich umschauen: Wo kriege ich noch ein Produkt her?» Wofür die Datenbank gemäss Plattner aber nicht sorgen werde, ist, dass man mehr Produkte am Markt haben werde. «Die Meldeplattform dient als Monitoring und nicht als eine Lösung des Problems der Versorgungssicherheit», sagt Plattner.

Neben den lebenswichtigen Medikamenten wie starke Schmerzmittel, Impfungen oder Antibiotika, über welche der Bund und die Pharmaindustrie wachen, gibt es zahlreiche alltäglichere Medikamente, die nicht oder vorübergehend nicht lieferbar sind. Branche, Patientinnen und Patienten, sind also weiterhin gefordert.

Heute Morgen, 06:00 Uhr, 13.08.2025

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