Kaum ein Sommer wäre für dieses Projekt der Stadt Zürich wohl geeigneter gewesen als der aktuelle: Lange Nächte, warme Temperaturen und inexistente Corona-Massnahmen waren ein gutes Fundament für einen Versuch, der zusätzlichen Schwung ins Zürcher Nachtleben bringen sollte. Gastro-Betriebe mit Bewilligung durften nämlich an sechs Wochenenden ihre Aussenbereiche bis 2 Uhr morgens öffnen.
Über 120 Gastronomie-Betriebe haben solche «Mediterranen Nächte» durchgeführt. Mit der Resonanz sind sie zufrieden: «Es hat sich gelohnt», sagt etwa Sophia Rank vom Kulturlokal Rank im Zürcher Ausgehviertel Niederdorf. Und auch Philipp Krampf von der Cranberry Bar sagt: «Von unserer Seite war es ein voller Erfolg.»
Hohe Lärmbelastung für Anwohnende
Weniger euphorisch gibt sich Felix Stocker. Er wohnt im Zürcher Niederdorf und ist dort auch im Quartierverein aktiv. Er wehrt sich gegen längere Öffnungszeiten, ein Gastro-Unternehmen müsse nicht praktisch rund um die Uhr laufen. «Ich bin froh, dass es vorbei ist», sagt er – und blickt mit Sorgenfalten in die Zukunft. «In der Innenstadt wird keine Ruhe einkehren. Es wird an warmen Wochenenden laut, die Belastung für die Anwohner hoch bleiben.»
Für Stocker setzt die Stadt Zürich mit den «Mediterranen Nächten» ein falsches Zeichen. Sie kommuniziere den Menschen, dass sie rausgehen können und sich an keine Regeln halten müssen. «Jugendliche halten sich im öffentlichen Raum auf, bringen ihre Getränke und Musik-Boxen mit. Sie verhalten sich laut und reissen die Leute aus dem Schlaf.» Das sei ein negativer Effekt des Ganzen.
Mit den Mediterranen Nächten kommuniziert die Stadt den Menschen, dass sie rausgehen können und sich an keine Regeln halten müssen
Angesprochen auf die Lärm-Problematik beschwichtigt die Stadt Zürich. «Lärm ist eine Wahrnehmungssache. Die einen finden Lärm störend, die anderen nicht», sagt Mathias Ninck vom Stadtzürcher Sicherheitsdepartement. Aber man müsse nun sicherlich das Gespräch mit den Quartier-Bewohnerinnen und -Bewohnern suchen.
Die reinen Zahlen deuten allerdings nicht auf eine problematische Lärmbelastung hin. Bei der Stadtpolizei Zürich gingen in den sechs Wochen des Testbetriebs 10 Lärmklagen ein, die auf die «Mediterranen Nächte» zurückgeführt werden konnten. Und auch die Bar- und Club-Kommission verzeichnete auf ihrer eigens eingeführten Lärm-Hotline lediglich 5 Anrufe pro Wochenende.
Barbetreiber suchen Gespräch mit den Nachbarn
Man sei auf ein gutes Verhältnis mit den Anwohnerinnen und Anwohnern angewiesen, sagen Barbetreiber. «Wir waren immer im Gespräch mit den Nachbarn, wir hatten deshalb keine Reklamationen», sagt Philipp Krampf von der Cranberry Bar. Und auch Sophia Ender betont, dass dank ihrer Mitarbeitenden beim Kulturlokal Rank eine organisierte und ruhige Struktur geherrscht habe.
Klarheit soll nun eine umfassende Analyse schaffen – denn auch in anderen Schweizer Städten wurden längere Öffnungszeiten für Gastro-Betriebe getestet. Die Zukunft der «Mediterranen Nächte» in Zürich dürfte deshalb erst in ein paar Monaten entschieden sein.