«Krank werden kann man den Menschen nicht verbieten.» Das sagt Urs Bucher, der Leiter der Volksschulen in Basel-Stadt. Hintergrund sind explodierende Kosten für Stellvertretungen.
Basel-Stadt hat 2024 für Stellvertretungen in den Schulen 10 Millionen Franken budgetiert. Letztes Jahr kosteten die Stellvertretungen aber 15 Millionen Franken. Und: Solche Budgetüberschreitungen sind nicht neu. «Wir stellen seit 2022 starke Zunahmen der Stellvertretungskosten fest», sagt Bucher. «Aber wir sind uns nicht sicher, was die Gründe dafür sind.»
Weil es mehr Schülerinnen und Schüler gibt, stellte Basel-Stadt auch mehr Lehrkräfte an. Allerdings stieg die Anzahl an Lektionen seit 2018 um 15 Prozent. Die Kosten für Stellvertretungen haben aber um 53 Prozent zugenommen. Das schreibt die Finanzkommission des Grossen Rates in ihrem Bericht.
«Dass steigende Schülerinnen- und Schülerzahlen mehr Lehrpersonen und folglich mehr Ausfälle nach sich ziehen, erklärt somit nur einen kleinen Teil des Anstiegs», heisst es darin.
Stellvertreterinnen und Stellvertreter übernehmen meist Lektionen von erkrankten Lehrkräften. Weshalb deren Krankheitstage seit 2022 «sprunghaft zugenommen» haben, lässt der Bericht offen.
Bucher mutmasst, dass die Krankheitstage mit Corona zu tun haben könnten. «Vielleicht führte das zu einem Umdenken in der Gesellschaft und man bleibt womöglich eher zu Hause, wenn man Krankheitssymptome hat», mutmasst Bucher.
Das finde ich frech.
Dass die Hemmschwelle zur Krankmeldung gesunken sei, kann Jean-Michel Héritier nicht akzeptieren. «Das finde ich frech», so der Präsident der Freiwilligen Schulsynode, dem kantonalen Berufsverband der Lehrerinnen und Lehrer. Er erlebe im Alltag eher das Gegenteil: Dass sich Lehrpersonen auch krank zur Arbeit schleppen.
Die Anzahl Krankheitstage überrasche ihn nicht. «Die Belastung in unserem Beruf ist hoch.» Die Klassen seien grösser und heterogener als früher. Hinzu kämen mit der Digitalisierung Themen wie Cybermobbing oder Handysucht. All das belaste Lehrpersonen zusätzlich, was wiederum zu Krankheit führen könne.
Ob die Krankheitstage auch in anderen Kantonen gestiegen sind, ist nicht klar. «Im Kanton Basel-Landschaft liegt die Trägerschaft der Kindergärten und Primarschulen bei den Gemeinden», antwortet die Baselbieter Bildungsdirektion auf Anfrage von SRF. Der Kanton kann deswegen keine Aussage zur Primarstufe machen. «Auf Sekundarstufe I liegt keine Überschreitung des Budgets bei den Stellvertretungskosten vor.»
Ob die hohe Anzahl an Krankheitstagen nur in Basel-Stadt zu beobachten ist, weiss man auch beim Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz nicht. Man habe keine Zahlen dazu, sagt Präsidentin Dagmar Rösler. «Und mir ist bisher nichts zu Ohren gekommen.»
Überbelastung oder tiefere Hemmschwelle?
In Basel-Stadt will man den Gründen für die Krankheitstage nun nachgehen. Das aktuelle Erfassungssystem lässt nämlich keine Rückschlüsse zu, weshalb jemand krank ist. So kann man dem System beispielsweise nicht entnehmen, ob jemand aufgrund der Arbeitsbelastung zusammengebrochen ist – oder ob sich die Lehrerinnen und Lehrer seit der Pandemie tatsächlich anders verhalten.