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Menschenschmuggel Im Kampf gegen Schlepper muss Kommissar Zufall tüchtig mithelfen

Der Nidwaldner Kripo-Chef war dabei, als ein Menschenschmuggler aufflog. Ein Erfolg – aber schwierig zu wiederholen.

Der Fall war aussergewöhnlich, auch für den Chef der Nidwaldner Kriminalpolizei. Senad Sakic war selbst mit auf Patrouille auf der Autobahn A2, als seine Leute am frühen Morgen des 5. September 2022 auf der Höhe von Hergiswil einen fensterlosen weissen Lieferwagen anhielten.

Wir trafen auf einen Chauffeur, der sehr nervös war.
Autor: Senad Sakic Chef Nidwaldner Kriminalpolizei

«Wir trafen auf einen Chauffeur, der sehr nervös war», erinnert er sich. «Und hinten im Laderaum auf 23 Personen, auf engstem Raum zusammengepfercht, sichtlich erschöpft, teilweise mit Atemproblemen.»

Das Schlepperfahrzeug, das die Nidwaldner Polizei auf der A2 anhielt.
Legende: Keine Fenster, keine Lüftung – und 23 Personen eingepfercht im Laderaum: Das Schlepperfahrzeug, das die Nidwaldner Polizei auf der A2 anhielt. Kapo Nidwalden

Ein knappes Jahr später ist der Fall juristisch erledigt: Der Schlepper wurde vergangene Woche verurteilt zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe – und diese Verurteilung sei eine Erfolgsgeschichte im Kampf gegen den organisierten Menschenschmuggel, sagt Kripo-Chef Sakic. «Es zeigt sich, es bringt etwas, auf die A2 zu stehen und Fahrzeuge zu kontrollieren.»

Menschenschmuggler muss ins Gefängnis

Box aufklappen Box zuklappen

Das Nidwaldner Kantonsgericht hat den Fahrer eines Lieferwagens, den die Polizei im Herbst 2022 anhielt, vergangene Woche verurteilt – zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten wegen Freiheitsberaubung und Widerhandlung gegen das Ausländergesetz. Er muss zudem eine Busse bezahlen und darf während zehn Jahren nicht mehr in die Schweiz einreisen.

Der in Italien wohnhafte Mann hatte 23 Migranten aus Afghanistan, Indien, Syrien und Bangladesch an Bord. Sie waren seit Stunden auf einer Fläche von gerade einmal 5,4 Quadratmeter zusammengepfercht. Lüftung oder Fenster gab es keine.

Der Mann hatte in Italien den Lieferwagen mit der menschlichen Fracht übernommen und hätte ihn nach Basel fahren müssen, wo ihn andere Schlepper für die Weiterfahrt nach Deutschland oder Frankreich übernommen hätten.

Beflügelt von diesem Fang habe die Nidwaldner Kantonspolizei die Kontrollen auf der Autobahn verstärkt, unterstützt vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit und vom Bundesamt für Polizei Fedpol, sagt Sakic.

Vergleichbare Erfolge habe es zwar nicht mehr gegeben. Aber immerhin, so der Kripo-Chef: «Wir haben einen Chauffeur aufgegriffen, der vor einigen Jahren wegen Verdachts auf Menschenschmuggel identifiziert wurde.»

Kontrollen sind aufwendig – und bringen Zufallstreffer

Das Grundproblem können jedoch auch die zusätzlichen Kontrollen nicht lösen: Menschenschmuggel passiert im Verborgenen. Er ist schwierig zu erkennen, die Polizei landet oftmals einfach Zufallstreffer.

Wie jener im vergangenen September: «Wir hatten keine Anhaltspunkte», sagt Sakic. «Es war Instinkt, der dazu geführt hatte, diesen Lieferwagen anzuhalten. Vielleicht das italienische Nummernschild, vielleicht die frühe Uhrzeit.» Kommt dazu: Kontrollen sind aufwendig, gerade für einen kleinen Kanton wie Nidwalden mit einem Polizeikorps, das etwas mehr als 70 Stellen umfasst.

Zwei uniformierte Angehörige der Nidwaldner Kantonspolizei.
Legende: Kleiner Kanton, knappe personelle Ressourcen: Das Korps der Nidwaldner Kantonspolizei umfasst lediglich etwas mehr als 70 Polizeistellen. Keystone/Urs Flüeler

Zwar funktioniere die Zusammenarbeit mit dem Bund und anderen Kantonen gut, sagt Sakic. Aber: «Letztlich fehlen uns die personellen Ressourcen, um regelmässig Fahrzeuge kontrollieren zu können. Oftmals müssen wir die Verfolgung von anderen Straftaten vorziehen.»

Hinter Schleppern stehen ganze Netzwerke

Allerdings sind Schlepper wie jener, den die Nidwaldner Kantonspolizei vor gut einem Jahr schnappen konnte, ohnehin nur ein kleines Zahnrad im System des organisierten Menschenschmuggels. «Diese Schleuser arbeiten für wenig Geld und tragen das grösste Risiko, erwischt zu werden», sagt Sakic.

Drahtzieher seien aber jene Leute, die solche Schleuser anwerben, so der Kripo-Chef. Lose Täternetzwerke, die über Social Media und Messenger-Dienste nicht nur Schleppertransporte organisierten, sondern auch echte oder gefälschte Pässe anböten und Informationen über die Asylverfahren verschiedener Länder verbreiteten.

«Solche Gruppen gibt es in allen Ländern auf der Migrationsroute von Süden nach Norden, auch in der Schweiz», sagt Sakic. Sie zu erwischen, sei schwierig.

Ich erinnere mich gut, wie es war, diese Menschen befreien zu können.
Autor: Senad Sakic Chef Nidwaldner Kriminalpolizei

Dennoch zeigt sich Kripo-Chef Senad Sakic motiviert. «Ich erinnere mich gut, in welchem Zustand die 23 Menschen in dem Lieferwagen waren und wie es war, sie befreien zu können. Wir bemühen uns, im Kampf gegen Menschenschmuggel auch weiterhin in hoher Intensität Kontrollen durchführen zu können.»

SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 09.07.2023, 17:30 Uhr ; 

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