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Messerangriff in Lugano Mutmassliche Täterin muss sich gegen Terrorvorwurf verteidigen

Die Bundesanwaltschaft spricht von einem islamistischen Motiv, die Verteidigung plädiert auf schwere psychische Probleme.

Eine Messerattacke in Lugano hatte 2020 europaweit für Schlagzeilen gesorgt. Eine 30-jährige Frau habe damals in einem Einkaufszentrum in der Innenstadt von Lugano zwei Frauen mit einem Messer verletzt und soll gemäss Zeuginnen und Zeugen «Allahu Akbar» gerufen haben. So lauten die Vorwürfe.

Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) sprach kurz darauf von einer islamistisch motivierten Tat sowie von einem mutmasslichen Terrorakt. Der ehemalige österreichische Kanzler Kurz verurteilte auf Twitter diese terroristische Tat.

Frau als eiskalt beschrieben

Nun beginnt am Bundesstrafgericht in Bellinzona der Prozess gegen die Frau, die den Bundesbehörden schon weit vor ihrer Tat in Lugano bekannt war. Sie wollte 2017 nach Syrien ausreisen und sie hatte sich über Social Media in einen dschihadistischen Kämpfer verliebt.

PK im Kanton Tessin, wobei Fedpol-Chefin per Video zugeschaltet wurde.
Legende: Matteo Cocchi (Kommandant der Kantonspolizei Tessin), Norman Gobbi (Staatsrat) und Nicoletta della Valle (Fedpol-Direktorin) hatten an einer Pressekonferenz Ende November 2020 zur Messerstecherei an der Piazza Dante in Lugano informiert. Keystone/Pablo Gianinazzi

An der Grenze zwischen der Türkei und Syrien wurde sie jedoch zurückgewiesen. In der Schweiz kam sie daraufhin in eine psychiatrische Anstalt. Das gab das Fedpol kurz nach der Messerstecherei in Lugano bekannt. In der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft ist davon keine Rede.

Sie habe am besagten Tag im Einkaufsgeschäft ein Brotmesser entwendet und kurz darauf zwei Frauen attackiert, um diese mit Vorbehalt und nach Plan zu enthaupten. Die Frau ist deswegen nun wegen mehrfach versuchten Mordes angeklagt.

Angeklagte sei vollumfänglich invalid

Zudem wird ihr Verstoss gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierung Al-Kaida vorgeworfen sowie die illegale Ausübung von Prostitution. Das sei ihre einzige Arbeit gewesen, sagt ihr Anwalt gegenüber Radio SRF.

Einschätzung von Karoline Thürkauf

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Die Medien überschlugen sich damals mit Schlagzeilen wie «Terror im Tessin».

Karoline Thürkauf ist SRF-Korrespondentin im Tessin. Sie sagt, wie die Tessinerinnen und Tessiner auf diese Messerstecherei reagierten: «Schwierig zu sagen, weil es ja keinen Prototyp eines Tessiners oder einer Tessinerin gibt.»

Thürkauf weiter: «Ich kann sagen, dass die Tessinerinnen und Tessiner, die sehr behördenorientiert sind, möglicherweise anfangs schon schockiert waren, denn die Behörden haben schnell, möglicherweise zu schnell von einer terroristisch motivierten Tat gesprochen.»

Die Stimmung, die die Behörden damals verbreitet hätten, sei eher alarmistisch als beruhigend gewesen, so Thürkauf. «Mit dieser Einschätzung bin ich übrigens nicht alleine. Als dann bekannt wurde, dass die mutmassliche Terroristin schwere psychische Probleme hat, ist dann bei den Allermeisten der Schock gewichen.»

Viele im Tessin sprächen nun eher von einer Frau mit Problemen als von einer mutmasslichen Terroristin, so die SRF-Korrespondentin.

Das psychiatrische Gutachten, das seit der Tat verfasst wurde und dessen Inhalt den Tessiner Medien bekannt ist, kommt zum Schluss, dass die Zurechnungsfähigkeit der mutmasslichen Täterin eingeschränkt ist.

Die grosse und schwierige Frage im Gerichtssaal in Bellinzona wird also sein: War diese Frau geistig in der Lage, sorgfältig einen Terrorakt mit expliziter Verbindung zu Terrorgruppen zu planen – oder nicht?

SRF 4 News, Heute Morgen, 29.08.2022, 06:00 Uhr

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