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Migrations- und Aussenpolitik Migrationspartnerschaften – kaum genutzt und doch sehr nützlich

Nun wollen auch die Schweiz und Nordmazedonien eine Migrationspartnerschaft. Eine Bilanz anlässlich des achten Abkommens.

Justizministerin Karin Keller-Sutter und der nordmazedonische Innenminister Oliver Spasovski haben in Bern die Absichtserklärung für eine Migrationspartnerschaft unterzeichnet. Damit kommt ein weiteres Land auf dem Westbalkan dazu, nach Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Serbien.

«Nordmazedonien liegt auf der Balkanroute. Da ist es absolut im Interesse der Schweiz, bei der Prävention von irregulärer Migration zusammenzuarbeiten», betonte Keller-Sutter.

Acht solcher Migrationspartnerschaften sind es mittlerweile, seit dieses Instrument 2009 eingeführt wurde. Dazu gehören auch Nigeria, Tunesien, Georgien und Sri Lanka. «Sie sind natürlich sehr unterschiedlich, aber insgesamt haben sich alle bewährt», bilanziert Keller-Sutter.

Grosser Spielraum

Bei Migrationspartnerschaften einigen sich die beiden Länder im Grundsatz und im steten Austausch darauf, in welchen Bereichen der Migration sie zusammenarbeiten wollen. Im Vergleich zum Migrationsdialog oder einem Rückübernahme-Abkommen bieten diese Partnerschaften viel umfassende Möglichkeiten.

Da sind etwa Projekte mit der Wirtschaft in Aus- und Weiterbildung, die Rückkehrhilfe, einfachere Wege für Investitionen der Diaspora, die Stärkung von Gesellschaft und Rechten und die angepasste Visa-Politik. Aber eben auch die Prävention von illegaler Migration mit ihren negativen Folgen wie Missbrauch, Menschenschmuggel und -handel.

Wohlwollend beurteilt auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe das Instrument. Im Fall von Sri Lanka fordert sie aber zurzeit eine Sistierung der Partnerschaft wegen der aktuellen Krise und schwierigen Menschenrechtslage.

Erfolg kaum messbar

Messbar seien die Migrationspartnerschaften kaum, hält die Eidgenössische Migrationskommission fest, welche die Partnerschaften mit Kosovo und Nigeria analysiert hat. Präsident Walter Leimgruber steht aber hinter diesem politischen Instrument: «An der Migration sind viele Herkunfts-, Transit- und Ankunftsländer beteiligt. Man kann die Fragen nur angehen, wenn man gemeinsam Lösungen sucht.»

Leimgruber sieht noch mehr Potenzial in solchen Migrationspartnerschaften, räumt aber ein, wie schwierig es sei, auf dem Papier ausgehandelte Projekte zum Erfolg zu führen. So sei etwa von den mit Nigeria ausgehandelten Ausbildungs-Stages nur eine Handvoll absolviert worden.

Kleine Schritte

Aber auch die Vereinbarung mit Tunesien enthält recht viele Stages, doch finden sich in der Schweiz keine Firmen, die sie anbieten: Für Leimgruber zeigt sich darin ein Grundproblem: «Migration wird zunächst zwischen Staaten verhandelt. Aber um damit umzugehen, müssen auch die wirtschaftliche und die zivilgesellschaftliche Seite berücksichtigt werden.»

Wenn es gelinge, die Zivilgesellschaft zu stärken, sei das positiv. So seien auch kleine Schritte wertvoll, wenn etwa dank regelmässigem Austausch Vertrauen entstehe, so Leimgruber.

Schwieriger sind laut Leimgruber die unterschiedlichen Erwartungen der Partnerländer. Er fragt sich, wie weit solche Migrationspartnerschaften in Zukunft gehen werden: «Viele dieser Länder sind ein bisschen enttäuscht, dass sie im Gegenzug keine Öffnung hin zu einer legalen Migration erhalten.» Da tun sich die westlichen Regierungen und auch die Schweiz schwer.

Echo der Zeit, 07.11.2022, 18:00 Uhr

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