16,50 Franken pro Stunde, so viel verdient eine Schuhverkäuferin beim deutschen Discounter Reno. Das berichtete die «Rundschau» diese Woche. Das ist aber kein Einzelfall – rund ein Drittel der Verkäuferinnen in der Schuhbranche verdient weniger als 4‘000 Franken.
Löhne unter 4‘000 Franken gibt es aber nicht nur in der Schuhbranche. Gegen 400‘000 qualifizierte Berufsleute kommen mit ihrem Einkommen kaum über die Runden. Besonders betroffen sind laut den Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) der Detailhandel, rund 140'000 Lehrabgänger und vor allem Frauen.
Hier setzt die Initiative der Gewerkschaften an. Sie verlangen existenzsichernde Einkommen für alle Branchen. Zielgrösse ist ein Minimalstundenlohn von 22 Franken.
«Bei diesen 140‘000 Betroffenen sind 70 Prozent älter als 25 Jahre, sie arbeiten in Brachen ohne Gesamtarbeitsverträge und haben so nie eine Chance auf einen grünen Zweig zu kommen», sagte SP-Präsident Christian Levrat.
Viele von Ihnen seien daher auf Sozialhilfe angewiesen. Damit würden einzelne Branchen quasi von versteckten Subventionen profitieren, so Levrat weiter.
Jobkiller Mindestlohn
Gemessen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen betrage der Anteil im Tieflohnsegment zwischen drei und vier Prozent, entgegnete der Direktor des Arbeitgeberverbandes, Thomas Daum. Deshalb die Schweizer Lohnpolitik infrage zu stellen, sei falsch.
«Dank dieser Niedriglohn-Branche haben wir in der Schweiz eine hohe Zahl an Beschäftigten», so Daum. «Für uns hat Beschäftigung oberste Priorität. Wenn es geht, zu einem guten Einkommen. Der Lohn stösst aber da und dort auch an seine Grenzen.»
Zusätzliche Lohnkosten erhöhten den Druck auf verschiedene Bereiche der Wirtschaft. Mit einem gesetzlichen Mindestlohn seien daher Arbeitsplätze gefährdet, argumentierte der Wirtschaftsvertreter. Schlussendlich entscheide der Konsument und dieser akzeptiere nur äusserst selten höhere Kosten.
GAV als Alternative
Wenig Verständnis zeigte Levrat für diese Argumentation. Es gehe nicht in erster Linie um den Konsumenten, sondern um die Margen. Hier verlangte der SP-Parteipräsident eine andere Verteilung. Es gehe nicht an, dass Firmenbesitzer auf Kosten der Arbeitnehmer satte Gewinne einstreichen.
Trotz teils heftiger Debatte gebe es durchaus eine Alternative zur Mindestlohninitiative – nämlich Gesamtarbeitsverträge, so Christian Levrat. Würde hier Verhandlungsbereitschaft signalisiert, dann wäre eine Volksinitiative zur Korrektur von Lohnmissständen überflüssig.