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Minen-Besuch in Sambia Cassis hatte doch keinen Kontakt zu lokalen NGOs

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bundesrat Cassis' Besuch einer umstrittenen Kupfermine in Sambia sorgt noch immer für Kritik.
  • Weder er noch seine Mitarbeiter hatten – anders als behauptet – Kontakt zu NGOs in der Region.
  • Zudem kritisiert ein Gesundheits-Experte weitere Fehlinformationen des EDA.

Am Montag vor einer Woche besuchte Bundesrat Ignazio Cassis eine umstrittene Mine und Kupferfabrik von Glencore in Sambia. Der Auftritt mit PR-Charakter irritierte.

Denn ein Tweet des Aussenministers, sowie die Medienmitteilung seines Departements EDA vermitteln den Eindruck, dass es mit der Glencore-Mine keine Probleme gibt. Das ist falsch.

Ich dachte, ich ersticke.
Autor: Elise Mutobo Bewohnerin von Mufulira

Elise Mutobo ist eine von mehr als zehn Personen, die im vergangenen Jahr hospitalisiert werden mussten, nachdem Schwefeldioxid-Wolken aus Glencores Kupferfabrik durch die Stadt Mufulira (Sambia) gezogen waren. «Ich dachte, ich ersticke», sagt sie.

Elise Mutobo im Spital.
Legende: Elise Mutobo im Spital: «Ich dachte, ich ersticke.» SRF

Gegenwärtig leide sie wieder unter Atembeschwerden, wie viele ihrer Nachbarn auch: «Jetzt in der Regenzeit bläst der Wind das ätzende Gas jeden Tag in unser Quartier. Es ist kaum zu ertragen.»

Nie mit lokalen NGOs gesprochen

Wusste Bundesrat Ignazio Cassis, der sich per Tweet am 7. Januar nur lobend zu Glencores Betrieb in Sambia geäussert hatte, über die Abgase Bescheid? Ja, könnte man meinen. In einem Radiointerview mit SRF (siehe oben) behauptete er am Wochenende nämlich: «Wir haben mit lokalen NGOs darüber gesprochen. Und tatsächlich ist es so, dass die Situation viel besser ist, als noch vor 15 Jahren.»

Ein Sprecher seines Departements EDA muss nun auf schriftliche Nachfrage von SRF eingestehen: Weder Bundesrat Ignazio Cassis noch seine Entourage hatten je Kontakt zu NGOs aus Mufulira. Mit Vertretern zweier NGOs aus der Hauptstadt Lusaka habe man im Vorfeld des Cassis-Besuchs aber tatsächlich gesprochen, heisst es beim EDA. Doch Lusaka ist 400 Kilometer Luftlinie von Mufulira entfernt.

Falsche Angaben zu Grenzwerten

Die lokalen NGOs hätten die Schweizer Delegation gerne auf die Schwefelabgase in Mufulira aufmerksam gemacht. Aber das EDA verbreitet bis heute auf seiner Homepage die Falschinformation, dass Glencores Mopani-Werk die Limiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einhalte.

Dass das falsch ist, bestätigte auf Anfrage von SRF ein Glencore-Sprecher vergangene Woche gleich selber.

In der Sendung «Echo der Zeit» auf diesen Fakt angesprochen, resümierte Bundesrat Cassis: «Im Grossen und Ganzen sind die Grenzwerte eingehalten.» Mit Ausnahme des «winzigen Moments» beim Anfahren der Anlage, so Cassis.

Im Grossen und Ganzen sind die Grenzwerte eingehalten.
Autor: Ignazio Cassis Bundesrat

Der Schweizer Aussenminister ignoriert das WHO-Konzept zur Regulierung von SO2. Darauf weist der Gesundheits-Experte Nino Künzli hin, Professor für Sozial- und Präventivmedizin an der Universität Basel: «Schwefeldioxid ist ein Spezialfall. Für Schwefeldioxid gibt es auch einen Kurzzeitrichtwert der WHO. SO2 ist ein extrem toxisches Gas. Diejenigen, die sensitiv sind, die reagieren sofort darauf.» SO2 könne beispielsweise Asthma-Attacken auslösen, so Künzli.

In einer Stellungnahme gegenüber SRF bestätigt Glencore heute erneut, dass es bei der Mopani-Kupfermine aktuell Abgasprobleme gibt. «Seit November 2018 hat Mopani von der lokalen Gemeinde mehrere Beschwerden im Zusammenhang mit Emissionen erhalten. Mopani hat diese Beschwerden aufgenommen und die Produktion im Einklang mit den Betriebsrichtlinien gedrosselt, um Emissionen zu reduzieren.»

Die Mopani-Mine

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Seit dem Jahr 2000 betreibt der Schweizer Konzern Glencore die Mopani Copper Mine in der Stadt Mufulira im Kupfergürtel von Sambia. Zum Minenkomplex gehört eines der grössten Kupferschmelzwerke Afrikas. Glencore hat die Anlagen teilweise erneuert und die Produktionskapazitäten gesteigert. Der Konzern verweist darauf, dass er bislang über vier Milliarden Dollar in den Betrieb investiert und die Lebensdauer der Mine damit um Jahrzehnte verlängert habe.

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