Sie werden immer wieder damit konfrontiert: «Wenn man dunkelhäutig ist und in einem schwierigen Quartier in Bern wohnt, werden einem viele Dinge um den Kopf gehauen.» – «Sie sagten mir, ich sei ein Bombenleger.» – «Ich werde als Nazi bezeichnet.» Dies sind nur einige der Rassismuserfahrungen, welche die Jugendlichen machen.
Darüber haben sie gesungen oder gerappt und es in Liedern aufgearbeitet. «Sie sagen, es sei OK, aber man sieht es an deinem Blick. Du sprichst von Toleranz, aber ich höre nur Kritik.» So lautet der Refrain des Songs, den SGB und Mabuyu für das Projekt produziert haben.
Mabuyu rappt auf berndeutsch auch über seine Erlebnisse: «Ich steige ins Tram, neben mir ein freier Sitz. Mache Platz, erhalte nur einen bösen Blick. Alles voll, aber das Grosi sitzt ganz sicher nicht neben mich. Ihr Blick sagt: Ich traue diesem 'Nigger' sicher nicht.» Es sei krass, welche Diskriminierung es gebe. Diese Realität möchte er den Leuten mit seinem Song aufzeigen.
Ich habe diese Wut selbst gespürt. Das ist nicht fair.
Er hat das Lied mit SGB produziert, die selbst keine rassistischen Erfahrungen macht. Genau das ist die Idee: beide Seiten zu zeigen. Die Aufarbeitung bei der Musikproduktion habe auch in ihr viel ausgelöst: «Ich habe die Wut der Personen, die dies erleben müssen, selbst gespürt. Das ist einfach nicht fair und nicht korrekt.»
Das Musikprojekt ist aus der Aktionswoche gegen Rassismus entstanden, die jedes Jahr in verschiedenen Kantonen und Städten durchgeführt wird. Die Trägerschaft der offenen Jugendarbeit der Stadt Bern «Toj» hat daraus ein Jahresprojekt gemacht. Die Idee: Den Jugendlichen eine Plattform zu geben, ihnen zuzuhören, was sie zu Rassismus zu sagen haben – in Form von Musik.
Daraus entstanden sind zehn Songs – mit den unterschiedlichsten Genres und Texten. Der Jugendliche mit dem Künstlernamen «Bonito The Key» etwa sagt, er habe zu viele rassistische Erfahrungen gemacht, um diese in einen Song zu verpacken. Er wolle lieber das Gefühl rüberbringen: «Man fühlt sich verletzt, schwach und hintergangen.» Die Leute sollen diese Schmerzen nachvollziehen können.
Das macht das Projekt mit den Jugendlichen
Beim Produzieren habe er selbst Erfahrungen verarbeiten können: «Alles kann passieren, aber mir geht es immer noch gut. Never give up.» Auch Hezni erzählt von der Entwicklung, die er durchgemacht hat. Als 15-Jähriger habe er noch reagiert, wenn ihn sein Gegenüber ihn etwa als Bombenleger bezeichnet hatte. «Aber jetzt bleibe ich ruhig, egal was jemand sagt.»
Es soll Leute dazu bewegen, alle zu akzeptieren.
Mit den produzierten Songs wollen die Jugendlichen den Leuten die Augen öffnen. Und aufzeigen, dass alle akzeptiert werden sollen, egal wie man aussieht oder woher man kommt.
Das habe zumindest während des Projekts und der Plattentaufe gut funktioniert. «Das hat Jugendliche aus den verschiedenen Quartieren miteinander vereint», sagt die Jugendarbeiterin Isabel Calvo, die das Projekt zusammen mit Bielo Vasquez begleitet hat. Das sei sonst nicht so: «Die Realität ist, dass man Konflikte austrägt.»
Doch ist diese ganze Arbeit nicht nur ein Tropfen auf den heissen Stein im Kampf gegen Rassismus? Für Vasquez spielt dies keine Rolle: «Die Jugendlichen setzen damit ein Zeichen und das ist wichtig.»
Das Projekt hat so grossen Anklang gefunden, dass ein neues Pilotprojekt daraus entstanden ist. Einmal pro Woche wird im Jugendzentrum weiterhin Musik mit den Jugendlichen gemacht – zusammen mit dem Berner Musiker Babastreet.