- Am Mittwoch entscheidet der Ständerat über eine Aufweichung der PFAS-Regeln.
- Fleisch von PFAS-belasteten Bauernhöfen soll mit unbelastetem Fleisch vermischt werden dürfen – das Endprodukt muss aber die Grenzwerte einhalten.
- ETH-Umweltchemiker Martin Scheringer mahnt zur Vorsicht.
Sie gefährden potenziell unsere Gesundheit und landen dennoch auf unserem Teller: PFAS-Chemikalien oder auch Ewigkeitschemikalien genannt. Manche Gebiete sind besonders belastet, zum Beispiel der Nordosten des Kantons St. Gallen. Die problematischen Stoffe gelangen via Quellwasser und Pflanzen in die Körper von Nutztieren – und so ins Fleisch oder andere Lebensmittel.
Seit letztem Jahr dürfen Fisch, Fleisch und Eier nicht mehr verkauft werden, wenn sie bestimmte Höchstwerte überschreiten. Am Wochenende berichtete die «NZZ am Sonntag» über Unstimmigkeiten zwischen dem Bund und dem Kanton St. Gallen bei der Durchsetzung des Verkaufsverbots.
Und genau dieses Verkaufsverbot möchten einflussreiche Politiker nun aufweichen: Am Mittwoch entscheidet der Ständerat.
Die Höchstwerte für Fleisch und Fisch sind zu abrupt eingeführt worden.
Hinter der Idee stehen Umweltpolitikerinnen und -politiker aus SVP, Mitte und FDP. Ihr Wortführer ist der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth. Bestehende und künftige PFAS-Grenzwerte müssten die Auswirkungen auf Bauernbetriebe, Wirtschaft und Wasserversorgungen berücksichtigen, sagt Würth: «Die Höchstwerte für Fleisch und Fisch sind zu abrupt eingeführt worden. Es braucht Zeit, um die Werte zu senken. Dafür müssen wir jetzt nachträglich Übergangsregelungen finden.»
Belastetes mit unbelastetem Fleisch mischen
Auch der Bundesrat unterstützt die Forderung der bürgerlichen Ständeräte. Beim zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) überlegt man sich bereits, wie sie umgesetzt werden könnte.
Bei den Höchstwerten für Fleisch, Eiern und Fisch steht laut BLV-Sprecherin Sarah Camenisch im Moment eine befristete Sonderlösung im Fokus. Demnach dürften Lebensmittel aus belasteten Betrieben mit unbelasteten Lebensmitteln vermischt oder verarbeitet werden – Bedingung ist, dass das Endprodukt die Höchstwerte einhält. Zum Beispiel könnte PFAS-belastetes Kalbfleisch zusammen mit unbelastetem Fleisch zu Bratwürsten verarbeitet werden, so dass die Würste am Schluss die Höchstwerte einhalten.
So verbreitet man PFAS dennoch weiter.
Doch die Idee ist umstritten. ETH-Umweltchemiker Martin Scheringer gehört zu den besten Kennern von PFAS. Er mahnt zur Vorsicht: «Wenn man belastete Lebensmittel mit unbelasteten Lebensmitteln vermischt, dann verbreitet man PFAS dennoch weiter.» Und das sei auch unter Einhaltung der Höchstwerte problematisch: «Die Stoffe reichern sich im menschlichen Körper an und werden nur sehr langsam ausgeschieden.»
Bis sich die Menge des eingenommenen Stoffs halbiert habe, dauere es vier Jahre, so Scheringer. Zudem seien die zwei häufigsten Stoffe der PFAS-Chemikaliengruppe krebserregend, respektive möglicherweise krebserregend: «Bei krebserregenden Stoffen gibt es keine Schwelle, unterhalb derer ein Stoff unbedenklich ist.»
Würth spricht von Alarmismus
Wenig von den Bedenken hält Benedikt Würth: «Es braucht vollziehbare Regelungen und keinen Alarmismus», so der Mitte-Ständerat. Eine Null-Strategie bei PFAS sei schlicht nicht realistisch.
Im Ständerat dürften sich lediglich die Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen und Grünliberalen gegen lockerere Regeln bei PFAS stellen. Sie dürften in der Minderheit bleiben.