Angenehme 39 Grad beträgt die Temperatur des Gelpke-Brunnens beim Basler Rheinhafen. Mehrere Dutzend Leute sitzen am Abend im Brunnen und plaudern miteinander.
Solche Szenen spielen sich seit rund sechs Jahren regelmässig in verschiedenen Basler Brunnen ab. «Brunnen Gehen» heisst die Aktion des Künstler-Kollektivs «Hotel Regina». Brunnen sollen als soziale Treffpunkte genutzt werden, so die Idee der Gruppe.
Schon vor 100 Jahren seien die Leute an diesen Orten zusammen gekommen, erklärt Moritz Praxamarer. «Indem wir jetzt aus Brunnen Hot-Pots machen, werden sie wieder zum gemeinschaftlichen Ort, wo man sich austauschen kann und man mit Leuten in Kontakt kommt, die man sonst nicht treffen würde.»
Schon früher beliebte Treffpunkte
Dass Brunnen in früheren Zeiten beliebte Treffpunkte waren, bestätigt Christiane Widmer, Autorin eines Buchs über Basler Brunnen. Darin gebadet wurde damals aber nicht. Die Brunnen waren reine Arbeitsorte. «Da kamen die Mägde und Knechte hin. Man holte Wasser, wusch sich, tränkte die Pferde und das Vieh. Man redete miteinander und erzählte, was die Herrschaft macht», erzählt Widmer. Den Menschen sei es damals überhaupt nicht in den Sinn gekommen, in Brunnen zu baden, weil man sich in der Öffentlichkeit ja nicht auszog. «Das passte auch nicht zur damaligen Moral.»
Keine Hemmungen scheinen die rund 80 Badewilligen an diesem Abend beim Gelpke-Brunnen im Stadtteil Kleinhüningen zu haben. Sie fühlen sich sichtlich wohl im warmen Wasser. «Eine sensationelle Idee. Ich habe mal früher anderen zugeschaut beim Baden und nun spontan entschieden, mit einer Kollegin in den Brunnen zu steigen», sagt einer der Teilnehmenden und ein anderer ergänzt: «Ich gehe im Sommer gerne in den Rhein und nun in den geheizten Brunnen, das ist cool.»
Aufgeheizt wird der Brunnen durch eine selber gebaute Konstruktion. Mit Holz wird das Wasser in einer Art Durchlauferhitzer aufbereitet, anschliessend wird es über eine Pumpe, die mit Muskelkraft betrieben wird, in den Brunnentrog geleitet. Finanziert wird «Brunnen Gehen» von Spendengeldern und Stiftungen.
In geheizten Brunnen gebadet wird auch in anderen Schweizer Orten – zum Beispiel in Biel oder im Bündnerischen Tschlin. Und dass Brunnenbaden ein Trend ist, zeigt sich auch im aargauischen Baden, wo seit vergangenem Herbst öffentliche Brunnen mit Thermalwasser gefüllt werden und zum Bade laden. Auch im Sommer werden die Brunnen zum Abkühlen genutzt. Basel Tourismus hat sogar eine eigene Karte gestaltet, auf der Brunnen markiert sind, die sich zum Baden besonders gut eignen.