Mitten in einem umgebauten Kleinlastwagen steht ein typischer Zahnarztstuhl. «Wenn jemand mit einem Rollator oder Rollstuhl kommt, haben wir hinten am Wagen einen Lift», erklärt Prophylaxe-Assistentin Monika Tobler und führt den Lift vor.
Den Wagen umbauen lassen hat der Gründer des Start-ups Dentaxis, Patrick Meyenberger. Und zwar zu einem Behandlungszimmer auf vier Rädern. Es enthält «alles, was man braucht und in einer normalen Praxis auch hat», sagt er.
Der Wagen ist ein Prototyp. Er fährt regelmässig Alters- und Pflegeheime in der Region Wil SG an. Dort werden Zahnreinigungen und -kontrollen durchgeführt. In Wil betreibt Patrick Meyenberger auch eine «normale» Zahnarztpraxis.
Weniger Stress für Patientinnen und Patienten
Rosmarie Bürge wurde schon in der mobilen Zahnarztpraxis behandelt. Sie ist 92 Jahre alt und lebt in einem Wohn- und Pflegeheim. «Ich hatte wackelige Zähne, obwohl es die eigenen waren. Ich dachte: Ui, das wird blutig! Es wurde aber nicht blutig. Sie haben einfach ein ‹Gartenhägli› drumherum gemacht.» Schmerzen hätte sie keine gehabt. Und auch keine Angst. «Es war sehr gut.»
Das ist eines der Ziele von Zahnarzt Patrick Meyenberger. Er macht den Vergleich: Wenn es vor der Behandlung einen Transport in die normale Praxis gibt, «dann sind diese Leute richtig aufgewühlt. Sie sind nervös oder zum Teil ängstlich.» Mit dem umgebauten Wagen sei es anders: «Wenn wir vor Ort sind und sie von derjenigen Betreuungsperson, die sie kennen, hergebracht werden und ihnen auf den Stuhl geholfen wird, dann bleibt die Ruhe.»
Schlechte Zahnarzterfahrungen aus der Vergangenheit
Diese Ruhe schätzt auch Prophylaxe-Assistentin Monika Tobler. Und erwähnt noch einen anderen Aspekt: Die Angst vor dem Zahnarzt sei nämlich ebenfalls ein Thema bei vielen betagten Menschen, die früher schlechte Erfahrungen gemacht hatten. «Ich behandle eine Generation, für die der Zahnarztbesuch kein schönes Erlebnis war. Aber wenn sie wieder gehen, haben sie normalerweise ein Lächeln im Gesicht.»
Es ist eine Entlastung für uns.
Auch Simon Gerber ist überzeugt von der rollenden Zahnarztpraxis. Er ist Leiter des Wohn- und Pflegeheims Lindenbaum in Züberwangen SG. Das einzige, was er zur Verfügung stellen müsse, sei eine Steckdose und ein Stellplatz. «Es ist eine Entlastung für uns, für die Angehörigen und die Bewohnenden.»
Denn er kenne die Situation, wenn jemand zum Beispiel nach Wil in die normale Zahnarztpraxis müsse. «Oft müssen die Angehörigen die Leute fahren. Sie müssen einen Parkplatz suchen. Sie müssen von der Tiefgarage irgendwohin. Es hat vielleicht eine Treppe.» Mit der mobilen Praxis sei es einfacher.
Die Kosten übernimmt, wie bei einem normalen Zahnarztbesuch, die Patientin oder der Patient. Dazu kommen die Transportkosten, die nach Kilometer abgerechnet werden.
Seit zwei Jahren ist die mobile Praxis unterwegs. Finanziert wird sie durch den Gründer Patrick Meyenberger. Er habe rund eine Million Franken investiert.
Schweizweite Abdeckung als Ziel
Langfristig soll das Projekt Profit machen. Das Ziel sei es, in Zukunft die ganze Schweiz mit mobilen Praxen abzudecken. Dafür brauche es sicher zehn umgebaute Fahrzeuge und möglichst viele andere Zahnärztinnen und Zahnärzte, die mitmachen und sich auch finanziell an dem Projekt beteiligten.