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Mobilstandard 5G Ständerat will Strahlenschutz nicht lockern

  • Das mobile Datenvolumen steigt rasant, alleine im vergangenen Jahr bei der Swisscom um mehr als 55 Prozent.
  • Die Telekom-Anbieter wollen ihre Netze zügig auf den 5G-Standard umrüsten. Mit den strengen Schweizer Strahlenschutz-Bestimmungen (NISV) sei das aber nicht möglich, argumentieren die Anbieter.
  • Der Ständerat hat Bedenken, die Strahlenschutzvorschriften für Mobilfunkanlagen zu lockern.
  • Er lehnte eine Motion der Fernmeldekommission mit 22 zu 21 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Smartphones erfreuen sich grosser Beliebtheit: Laut dem Vergleichsdienst Comparis besitzen 93 Prozent der SchweizerInnen ein solches Gerät – und nutzen es auch rege. Das zeigen die Statistiken der Netzbetreiber eindrücklich: Zwischen 2010 und 2017 ist das mobile Datenvolumen regelrecht explodiert. Die Swisscom hat über ihr mobiles Netz im vergangenen Jahr 75-mal mehr Daten verschoben als noch sieben Jahre zuvor.

Dabei wird es nicht bleiben. Schon bald sollen nicht nur Menschen, sondern auch Geräte und Maschinen über das mobile Internet kommunizieren: Sensoren zum Beispiel, Autos oder ganze Fabriken. Laut den Netzwerk-Betreibern stösst die Infrastruktur aber heute schon an ihre Grenzen.

Kompromiss gefragt

Um das Problem zu lösen, gebe es zwei Möglichkeiten, sagt Heinz Mathis, Dozent für drahtlose Kommunikation und Institutsleiter an der Hochschule Rapperswil: «Man kann entweder die Zahl der Antennen erhöhen oder man kann zusätzliche Frequenzbereiche erschliessen.»

Beide Lösungen haben Vor- und Nachteile. Würde man mehr Antennen an verschiedenen Standorten aufstellen, so bliebe die Strahlen-Belastung stabil. Diese Lösung sei aber teuer, meint Heinz Mathis.

Zu den hohen Kosten kommt ein weiterer Nachteil. Da der Widerstand gegen zusätzliche Antennen in der Bevölkerung gross ist, befürchten die Betreiber Verzögerungen beim Ausbau.

Die Telekomfirmen möchten deshalb die bestehenden Basisstationen ausbauen und auf mehreren Frequenzen senden lassen. Das habe aber den Nachteil, dass die Belastung steigt. «Die Antennen sind nicht einmal so stark», sagt Heinz Mathis im Gespräch mit SRF Digital. Weil aber auf mehreren Frequenzen gleichzeitig gesendet wird, steigt die Belastung insgesamt. Die Grenzwerte könnten nicht mehr eingehalten werden.

Strenge Vorschriften in der Schweiz

In der Schweiz sind die Grenzwerte für die Belastung der Bevölkerung durch die Strahlung von Sendeantennen in der NISV, der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung geregelt.

Im internationalen Vergleich gelten diese Normen als streng, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern gibt es bei uns zwei Grenzwerte: In Gebieten mit kurzer Aufenthaltsdauer wie etwa einer Strasse gelten ähnliche Werte wie in den meisten Ländern der EU. In Gebieten, in denen wir uns länger aufhalten – wie etwa in einer Wohnung oder in Spitälern – ist der Grenzwert wesentlich tiefer angesetzt.

Um den Ausbau der Netze schnell voranzutreiben, wollte eine Mehrheit der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen die Vorschriften lockern und den Strahlenschutzbestimmungen der EU anpassen. Die internationalen Vorgaben für den Strahlenschutz sollen dabei weiterhin berücksichtigt werden.

Eine Minderheit beantragte die Ablehnung der Motion. Sie kritisiert, dass die Auswirkungen von nichtionisierender Strahlung auf die menschliche Gesundheit nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne und mahnt zur Vorsicht bei der Lockerung der Vorschriften.

Der Ständerat lehnte die Motion letztlich knapp mit 22 zu 21 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

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