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HSG-Rektor nimmt Stellung zu möglichem Plagiatsfall
Aus Regionaljournal Ostschweiz vom 09.12.2022. Bild: Keystone / Christian Beutler
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Mögliche Plagiatsaffäre Hat ein HSG-Professor in seiner Habilitation abgeschrieben?

Darum geht es: Ein möglicher Plagiatsfall an der Universität St. Gallen (HSG) macht Schlagzeilen. Das «St. Galler Tagblatt» veröffentlichte mehrere Artikel. Zudem soll ein anderer Professor Studierende unter Druck gesetzt haben.

Fall 1 – Dissertation: Einer der beiden HSG-Professoren soll bei seiner Doktorarbeit, die er 2004 an der Universität Darmstadt einreichte, abgeschrieben haben. Es besteht der Verdacht, der Beschuldigte habe damals Texte aus fremden Publikationen verwendet, ohne korrekt zu zitieren – Vorwürfe, die vor zwei Monaten in der «NZZ am Sonntag» publik wurden. Die Uni Darmstadt untersucht die Dissertation aktuell.

HSG-Rektor Bernhard Ehrenzeller zum ersten Plagiatsvorwurf

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Plagiatsvorwürfe sind in einer Universitätskarriere schwerwiegend. Der Rektor der Uni St. Gallen, Bernhard Ehrenzeller, bezog gegenüber dem Regionaljournal Ostschweiz von Radio SRF Stellung.

SRF News: Was hat die Universität St. Gallen nach diesen Vorwürfen unternommen?

Bernhard Ehrenzeller: Mit den Vorwürfen gegen die Dissertation nichts. Die Überprüfung liegt bei jener Universität, welche die Arbeit angenommen hat. Das ist eine übliche Praxis. Kommt die Darmstädter Untersuchung zum Schluss, dass ein Plagiat vorliegt, sind wir wieder am Ball.

Sind Sie wegen dieses Falls mit der Universität Darmstadt in Kontakt?

Selbstverständlich. Wir haben den Stand der Untersuchung nachgefragt. Es hiess, man sei dran. Das braucht Zeit, man kann nicht einfach eine Plagiatssoftware laufen lassen. Es ist davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit ein Ergebnis vorliegt.

Habilitation: 2012 arbeitete der Professor bereits an der HSG und reichte seine Habilitationsschrift ein. Auch hier soll er abgeschrieben haben. Der Hinweis darauf kam im Sommer 2021 von Studierenden, die via Anwältin auftraten. Im Schreiben der Anwältin waren vermutete Plagiatsstellen angegeben.

Neues Lerngebäude der HSG
Legende: Licht und Schatten an der Universität St. Gallen: Zwei HSG-Professoren sehen sich mit verschiedenen Vorwürfen konfrontiert. Keystone / Gian Ehrenzeller

Die HSG liess die Vorwürfe intern und extern untersuchen. Ein Gutachten kommt zum Schluss: In nicht zentralen Teilen wie Einleitungen gäbe es ähnliche Textpassagen, ein Plagiat liege aber nicht vor. Plagiatsjäger Stefan Weber, der auf seinem Blog bereits Auszüge aus der Doktorarbeit publizierte, kritisierte die HSG, das Gutachten halte nicht stand. Er kündigte zudem weitere Veröffentlichungen zur Habilitationsschrift an.

HSG-Rektor zu Plagiatsvorwürfen in der Habilitation

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Ein Gutachten der HSG besagt, es liege in der Habilitationsschrift des Professors kein Plagiat vor. Ein Plagiatsjäger widerspricht vehement.

SRF News: Wie erklären Sie sich die zwei komplett verschiedenen Sichtweisen?

Die erste Kontrolle ergibt aber immer nur einen Anfangsverdacht für Plagiate. Die Software zeigt schnell mögliche Treffer auf. Daraus muss abgeleitet werden, ob es sich wirklich um wissenschaftliche Fehlleistungen handelt.

Unsere Untersuchung kommt zu einem anderen Ergebnis als jene eines Nicht-Fachmanns. Das kann passieren. Wir haben das andere Gutachten angefordert, aber nicht bekommen, weil der Auftraggeber (Anm. d. Red.: das St. Galler Tagblatt) nicht damit einverstanden ist. Gibt es darin belegte Vorwürfe, können wir entsprechend weiterverfahren.

Hat Ihr Gutachten sämtliche Textstellen, welche von der Anwältin angegeben wurden, untersucht?

Das war der Auftrag. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich handelte aufgrund des Antrages der Untersuchungskommission.

Geniesst die Untersuchungskommission Ihr Vertrauen?

Auf jeden Fall, das sind Fachleute. Solange wir keine neuen Grundlagen erhalten, habe ich dieses Vertrauen. Wir bleiben aber offen, allenfalls unsere Untersuchungen zu erweitern.

Masterarbeiten: Der besagte Professor soll Abschlussarbeiten von HSG-Studierenden veröffentlicht und sich selbst als Erstautor eingesetzt haben. Die Studierenden seien zwar erwähnt worden. Der Professor soll also Leistungen als seine ausgegeben haben, welche nicht seine waren. Diese Vorwürfe kommen ebenfalls von Studierenden. Ob das die gleichen sind wie im Fall der Habilitationsschrift, ist unklar.

HSG-Rektor zu Vorwürfen betreffend Masterarbeiten

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SRF News: Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Bernhard Ehrenzeller: Diese Vorwürfe sind für uns neu. Wir hörten von Studierenden diesbezüglich nie etwas. Dazu würde ich gerne sagen: Ich finde es schade, dass das nicht direkt an uns getragen wird. Die Gründe dafür müssen wir auch anschauen. In der Sache wurden wir durch die Vorwürfe überrascht. Wir untersuchen das. Sollten die Vorwürfe stimmen, wäre das unhaltbar und eine schwere Verletzung der Integritätsrichtlinien.

Wissen Sie, um welche und wie viele Arbeiten es sich handelt?

Da sich niemand an uns wandte, können wir uns nur darauf stützen, was die Zeitung schreibt. Es sind offenbar mehrere. Wir suchen aktuell Wege, dass sich die Studierenden bei uns melden. Wir werden das rasch in die Hand nehmen.

Wie geht die Universität vor?

Wir setzen wieder eine Untersuchungskommission ein, die dem Rektorat wieder einen Antrag stellen wird.

Fall 2 – Drohung: Die neusten Vorwürfe publizierte das «St. Galler Tagblatt» am Montag. Diesmal geht es nicht um den genannten Professor, sondern um einen anderen HSG-Professor, der die mutmasslich plagiierte Habilitation betreute. Dieser habe über ein Anwaltsschreiben Studierende und Angestellte dazu aufgefordert, die «negative Berichterstattung zu stoppen und für deren Nichtveröffentlichung zu sorgen». Andernfalls würden rechtliche Schritte geprüft.

Fazit: In dieser Plagiatsaffäre gibt es Gutachten mit unterschiedlichen Aussagen, zwei belastete Professoren der Universität St. Gallen, noch nicht abgeschlossene Untersuchungen und wenig Klarheit. Diese wünscht man sich seitens der HSG. Rektor Bernhard Ehrenzeller sagt gegenüber SRF News: «Wir leben in einem Klima der Erregung. Ich verstehe, dass die Öffentlichkeit sich nun fragt, warum wir nicht handeln. Als Arbeitgeber mit Fürsorgepflicht kann die HSG nicht aufgrund von Medienberichten eine neue Gesamtbeurteilung vornehmen.»

Man müsse annehmen, dass neue Fakten vorgebracht werden. «Wir wissen nicht, welche Methoden der Plagiatsjäger in seinem Gutachten anwandte und welche belastbaren Fakten er noch hat. Deshalb müssen wir aus unserer Sicht aktuell nicht handeln», sagt Ehrenzeller.

SRF1 Regionaljournal Ostschweiz, 09.12.2022, 17:30 Uhr;

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