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Möglicher Missbrauch Vorwürfe gegen Ostschweizer Treffs für queere Jugendliche

Die Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen. Der zuständige Stadtrat von Chur fordert eine schonungslose Aufklärung.

  • In Treffs für queere Jugendliche soll es zu intimen Kontakten gekommen sein zwischen Besuchenden und Erwachsenen, die dort arbeiten.
  • Die St. Galler Staatsanwaltschaft bestätigt einen Bericht des «Tages-Anzeigers». Es sei ein Strafverfahren eröffnet worden gegen zwei Personen.
  • Die zuständigen Behörden und die queere Community reagieren betroffen.

Es gehe um den Verdacht auf strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität, bestätigte die Staatsanwaltschaft gegenüber SRF. Weitere Auskünfte erteilt sie nicht. Auch einer der beiden Beschuldigten will auf Anfrage nichts sagen, solange die Untersuchung läuft.

Die beiden Treffs in Buchs (SG) und Chur (GR) sind aktuell geschlossen, «infolge personellen Engpasses», wie es auf der Website des Vereins heisst. Die Anlaufstellen werden von den Kantonen St. Gallen und Graubünden sowie der Stadt Chur finanziell unterstützt.

Politik reagiert betroffen

Der zuständige Churer Stadtrat Patrick Degiacomi (SP) zeigt sich gegenüber SRF «sehr betroffen» von den Anschuldigungen. Es gelte aber die Unschuldsvermutung, solange der Fall nicht geklärt sei. «Wenn solche Anschuldigungen im Raum stehen, dann gibt es nur eines: Die angeschuldigten Personen müssen sofort freigestellt werden, damit die Vorwürfe geklärt werden können.» Ob die beiden Personen aktuell noch für das Sozialwerk arbeiten, ist unklar.

Die Stadt Chur hätte den Verein neu stärker unterstützen wollen – mit 10'000 Franken statt 3000 Franken jährlich. Nun werde geprüft, ob die Jugendarbeit für queere Menschen auf andere Weise aufgewertet werden könne, heisst es. Die SVP-Fraktion im St. Galler Kantonsrat kündigte einen Vorstoss an, in dem sie Auskünfte über die finanzielle Unterstützung des Vereins durch den Kanton verlangen werde.

«Dringend benötigtes Angebot»

Der Verein habe mit seinen Anlaufstellen sehr notwendige Arbeit geleistet, sagt Pascal Pajic vom Verein Khur Pride. «Das Jugendtreff-Angebot wurde rege genutzt», sagt er. «Mehrere Jugendliche haben mir erzählt, dass dieses Angebot sie aus tiefen Depressionen geholt hat. Dieses Angebot hat aktive Suizid-Prävention geleistet.»

Ein Buch mit dem Titel Gender Queer liegt auf einem Tisch
Legende: Queere Jugendliche hätten besondere Bedürfnisse, die in der Jugendarbeit oft nicht abgedeckt werden könnten, heisst es bei Experten. Das Angebot des Vereins sei für die Ostschweiz einmalig gewesen. IMAGO / ZUMA Wire

Normale Jugendarbeit-Angebote reichten nicht aus, es brauche einen geschützten Rahmen. «Viele Jugendliche haben sich noch nicht geoutet bei Freunden, in der Familie oder an der Schule. Sie können also an diesen wichtigen Orten nicht sich selbst sein.» Aber auch für Pascal Pajic ist klar: «Es muss ohne die beiden Verantwortlichen weitergehen und nicht in den bisherigen Strukturen.»

Regionaljournal Ostschweiz, 16.4.2024, 12:03 Uhr ; 

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