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Musikerin bei Gastfamilie Lucerne Festival Academy schafft Verbindungen über Musik hinaus

Die Lucerne Festival Academy fördert seit 20 Jahren junge Musiktalente. Diese kommen in Gastfamilien unter.

Der ältere Sohn war bereits ausgezogen, der jüngere machte ein Austauschjahr in Schweden. Im grossen Haus der Familie Hofstetter in der Stadt Luzern wurde es plötzlich still. Zu still. Leben musste wieder in die Bude, und so entstand die Idee, jemanden von der Lucerne Festival Academy aufzunehmen.

Gesagt, getan – und gekommen ist die Harfenistin Estelle Costanzo. Das war 2013. Und damit begann eine langjährige, anhaltende Freundschaft. «Sie ist bis heute geblieben. Es ist ein enger Kontakt», sagt Gastmutter Mariteres Hofstetter.

Zwei Frauen im Gespräch. Sie stehen draussen vor einem Baum.
Legende: Zwei, die sich mögen: Mariteres Hofstetter und Estelle Costanzo. SRF/Tuuli Stalder

Während drei Wochen lädt das Lucerne Festival im Sommer jeweils rund 100 junge Musikerinnen und Musiker aus der ganzen Welt ein, um mit Top-Dirigenten und Coaches Werke der Moderne zu erarbeiten. Wohnen tun die jungen Leute während dieser Zeit jeweils bei Gastfamilien.

20 Jahre Lucerne Festival Academy

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Orchester
Legende: Lucerne Festival/Priska Ketterer

Die Idee für diesen einzigartigen Campus hatte der Intendant Michael Haefliger: «Es gibt heute immer noch zu wenig Auftrittsmöglichkeiten für junge Musikerinnen und Musiker. Das ist ein Problem. Wir wollen deshalb einen Beitrag dazu leisten, um das zu ändern.» Diese Weiterbildung, auch das eher unüblich, ist gratis.

Michael Haefliger gelang es, 2004 den französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez ins Boot zu holen. Er führte die Academy bis zu seinem Tod.

Seit 2016 prägte der im Juli 2024 verstorbene deutsche Komponist Wolfgang Rihm die künstlerische Ausrichtung der Academy.

Als die Italienerin Estelle Costanzo nach Luzern kam, hatte sie bereits in Turin und Lausanne studiert und in Basel – wo sie heute noch lebt – ihren Master abgeschlossen. Sie brachte also schon einige Erfahrung mit. Die Lucerne Festival Academy, so erinnert sie sich, sei intensiv gewesen: «Wir hatten zwei, drei, vier Konzerte in der Woche mit schwierigen Programmen. Das musste man schon hinkriegen.»

Wir hatten eine genug gute Beziehung, dass sie mir gesagt hätten, wenn es nicht gepasst hätte.
Autor: Estelle Costanzo Harfenistin

Viel üben war angesagt, meistens allerdings nicht bei der Gastfamilie. Das Lucerne Festival stellte ihr eine Harfe zur Verfügung – sie konnte an der Hochschule Luzern die Partituren einstudieren.

Wenn sie dann doch mit der eigenen Harfe bei der Gastfamilie war, dann spielte sie im Wohnzimmer. «Wir hatten eine genug gute Beziehung, dass sie mir gesagt hätten, wenn es nicht gepasst hätte», sagt Estelle Costanzo, und Mariteres Hofstetter nickt.

Estelle Costanzo: Musikalisch vielseitig unterwegs

Musik begleitet Mariteres Hofstetter und ihren Mann schon ihr ganzes Leben. Allerdings, so erzählt sie, sei die zeitgenössische Musik nicht so ihre. Sie habe durch Estelle Costanzo zwar einen Zugang gefunden, aber: «Ich mag lieber Jazz und moderne Volksmusik. Wir boten immer auch wieder Leuten aus diesen Bereichen Unterschlupf.»

Das sei genau das Schöne gewesen, sagt dazu Estelle Costanzo. «Man hat gespürt, dass in diesem Haus viele andere Künstlerinnen und Künstler da waren. Darum fühlte ich mich auch so wohl.» Und dass so viele Volksmusik-CDs herumlagen, freute die Harfenistin auch. «Volksmusik ist meine versteckte Leidenschaft, der ich als klassische Musikerin nicht genug Platz einräumen kann.»

Auch nach der Academy: Luzern bleibt wichtig

Estelle Costanzo konnte nach der Academy bei verschiedenen Musikvermittlungsprojekten des Lucerne Festivals mitmachen. Dabei wohnte sie immer bei Hofstetters. Das festigte das Band und ging so weit, dass Estelle Costanzo auch schon mal die ganze süditalienische Familie mitbrachte: Mutter, Onkel, Tante, Cousins. «Sie kamen mit dem Camper. Ein Teil hauste dort, der andere im Haus», erinnert sich die Gastmutter. Man habe zusammen gekocht und gesungen.

Wir müssen gar nicht so viel herumreisen. Die Leute kommen zu uns.
Autor: Mariteres Hofstetter Gastmutter

Musikerinnen und Musiker aus aller Welt zu beherbergen, das mache Freude: «Ich sage manchmal: Wir müssen gar nicht so viel herumreisen. Die Leute kommen zu uns», sagt Mariteres Hofstetter. Natürlich entstehen nicht immer solche Freundschaften wie mit Estelle Costanzo.

Zum 20-Jahr-Jubiläum ist die 39-jährige Harfenistin übrigens wieder beim Lucerne Festival dabei. Diesmal auf der anderen Seite: Als Coach berät sie die jungen Harfenistinnen der Academy. Das Lucerne Festival läuft seit dem 13. August.

Regionaljournal Zentralschweiz, 15.8.2024, 17:30 Uhr;stal

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