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Nach Beinahe-Crash Bund ändert seine Praxis für Flugzeuge über dem Bodensee

Bald soll auch im Schweizer Luftraum ständige Funkbereitschaft gelten. Diese war bislang freiwillig. Das Bazl will diese Praxis in der Nordostschweiz ändern.

Der Vorfall ereignete sich Mitte September 2024 über dem Bodensee bei Kesswil TG. In letzter Minute konnte der Zusammenstoss zweier Kleinflugzeuge abgewendet werden.

Wie es zur Fastkollision kommen konnte, hat die Schweizerische Sicher­heits­unter­suchungs­stelle Sust aufgearbeitet. Es wird als «schwerer Vorfall» eingestuft.

Kein Funkkontakt möglich

Involviert waren eine Cessna, die vom Flugplatz Altenrhein SG gestartet war und eine Cirrus, welche in Friedrichshafen am deutschen Bodenseeufer landen wollte. Die Cirrus hatte einen Funkspruch abgesetzt, sie sehe ein anderes Flugzeug, «traffic in sight».

Person in orange Weste mit Aufschrift 'SUST SESE SISI'.
Legende: Nahm rund zwei Wochen nach dem Vorfall ihre Arbeit auf: die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust. Keystone/Urs Flüeler

Die deutsche Flugsicherung versuchte daraufhin, die Cessna per Funk zu erreichen. Ohne Erfolg. Sie war auf Sichtflug unterwegs und hatte keinerlei Funkkontakt mit der Leitstelle. Durch einen Kurswechsel konnte der Crash letztlich verhindert werden.

Rund 180 Meter hätten die beiden Kleinflugzeuge noch getrennt, heisst es im aktuellen Bericht der Sust. Sie flogen auf gleicher Höhe.

Eine permanente Funk- und Hörbereitschaft ist nur auf deutschem Gebiet obligatorisch. Über der Schweiz ist es seit 2022 freiwillig. Es ist ein Versuch des Bundesamts für Zivilluftfahrt Bazl.

Hotspot Bodensee?

Gemäss Untersuchungsbericht nahmen die Piloten das jeweils andere Flugzeug nicht rechtzeitig wahr, weshalb es beinahe zur Kollision kam. Eine Warnung per Funk war nicht möglich, weil die Cessna nicht verbunden war.

Blick aus Flugzeugfenster auf Stadt und Landschaft mit Bergen.
Legende: Vom Flugplatz Altenrhein SG starten das ganze Jahr hindurch viele Kleinflugzeuge. Keystone/Gian Ehrenzeller

Diese «freiwillige Funkbereitschaft» berge erhebliche Risiken. Das Gebiet Altenrhein-Friedrichshafen sei ein Hotspot. Dass sich Flugzeuge gefährlich nahe kommen würden, kein Einzelfall, heisst es im Bericht.

Die Untersuchungsstelle spricht vom einem «Sicherheitsdefizit». Sie empfiehlt, dass Pilotinnen und Piloten auch auf dem Schweizer Gebiet des Bodensees obligatorisch mit der Leitstelle verbunden sein sollten.

Obligatorische Funkbereitschaft

Das Bazl widerspricht. «Beim Gebiet handelt es sich keinesfalls um einen Hotspot, bei welchem sich Flugzeuge ständig zu nahe kommen», sagt Bazl-Sprecher Christian Schubert gegenüber SRF. «Es gibt keine Zahlen, die das verlässlich belegen.»

Die Einschätzung, es sei für Pilotinnen und Piloten in dieser Region anspruchsvoll zu fliegen, teilt das Bundesamt hingegen. Man könne sich nicht allein auf die Instrumente verlassen, sondern müsse auch aus dem Flugzeug schauen und nötigenfalls ausweichen. In der Aviatik spricht man von «see and avoid».

Nichtsdestotrotz wird die bisherige Praxis der freiwilligen Funkverbindung laut Bazl bald geändert. Im August 2025 hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt beschlossen, dass der ständige Funkkontakt am Bodensee – analog dem deutschen Luftraum – obligatorisch sein soll. Ab wann genau dies gilt, ist noch offen.

Regionaljournal Ostschweiz, 1.10.2025, 17:30 Uhr ; 

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