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Nach Ende Vernehmlassung «Bilaterale III»: Bundesrat sieht EU-Vertragspaket auf gutem Weg

Der Bundesrat sieht beim EU-Vertragspaket breite Zustimmung – doch offene Fragen bleiben. Das Wichtigste in Kürze.

Darum geht’s: Ende Oktober ist die Vernehmlassung für das EU-Vertragspaket zu Ende gegangen. Insgesamt 318 Parteien, Kantone und Interessengruppen hatten an der Vernehmlassung teilgenommen. Nun hat der Bundesrat dazu informiert. An einer Medienkonferenz in Bern traten Ignazio Cassis sowie mehrere Staatssekretäre und Staatssekretärinnen auf.

Positive Bilanz und neuer Name für Vertragspaket: «Der bilaterale Weg als Mittel zur Gestaltung der Beziehungen zur EU fand im Vergleich zu den anderen Optionen wie Nichtstun oder ein Beitritt zur EU eine sehr deutliche Unterstützung», bilanzierte Aussenminister Ignazio Cassis. Auf Wunsch der Teilnehmenden werde das Paket neu als «Bilaterale III» bezeichnet, um Verwirrung zu vermeiden.

Zuwanderung: Präzisierungen der Schutzklausel

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Die Ausgestaltung der viel diskutierten Schutzklausel bei der Zuwanderung soll präzisiert werden. Konkret sollen drei weitere Indikatoren mit nationalen Schwellenwerten dazukommen, die als Warnsignal für eine allfällige Begrenzung der Zuwanderung dienen sollen: die Wohnungsleerstandsziffer, die Staustunden und die Lohnentwicklung.

Vincenzo Mascioli, Staatssekretär für Migration, widersprach derweil Befürchtungen, wonach die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie zu einer Zuwanderung in die Schweizer Sozialsysteme führen könnte. Er gehe nur von einer kleinen Zunahme der Sozialhilfebezüge aus, sagte er. Der Bund rechne frühestens ab 2035 mit 3000 bis 4000 Personen, was einer Zunahme von maximal 1.5 Prozent entspreche.

Insgesamt sei die Netto-Zuwanderung von EU/Efta-Bürgerinnen und -Bürgern im laufenden Jahr um rund acht Prozent zurückgegangen, sagte Mascioli. «Das zeigt, dass die Zuwanderung an die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz gebunden ist.»

Dynamische Rechtsübernahme: «Der Bundesrat ist bestrebt, für grösstmögliche Transparenz zu sorgen und die innerstaatlichen Prozesse klar zu definieren», erklärte der zuständige Staatssekretär Alexandre Fasel. Die Landesregierung schlage deshalb die Schaffung des Artikel 152a des Parlamentsgesetzes vor, um die Informations- und Konsultationsprozesse gegenüber dem Parlament – also die Mitwirkung an der Erarbeitung für die Schweiz relevanten EU-Rechts – speziell zu regeln.

Fünf Personen an einem Konferenztisch mit Mikrofonen und Schweizer Flagge.
Legende: KEYSTONE/Peter Klaunzer

Lohnschutz bleibt Knackpunkt: Ein zentraler Diskussionspunkt bleibt der Lohnschutz. Eine bürgerliche Mehrheit lehnt den von den Gewerkschaften geforderten verbesserten Schutz für gewählte Arbeitnehmervertreter ab. Der Bundesrat hält diese Massnahme jedoch für unentbehrlich, um das Lohnschutzpaket im Gleichgewicht zu halten. Daher sollen die Gespräche mit den Sozialpartnern fortgesetzt werden. Bundesrat Cassis zeigte sich zuversichtlich, dass trotz der Divergenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine Einigung erzielt werden kann.

Klarheit bei Wasserkraft und Landwirtschaft: Besonders die Bergkantone hatten Bedenken bezüglich der Wasserkraft geäussert. Die Verantwortlichen versicherten jedoch, dass die wichtige Vergabe von Konzessionen in der Wasserkraft nicht vom Abkommen mit der EU tangiert wird. Auch in der Landwirtschaft gibt es Klarheit: EU-Vertreter werden keine Schweizer Betriebe kontrollieren; dies bleibt Aufgabe kantonaler oder nationaler Dienststellen. Zudem versicherte der Bundesrat, dass sich für Hofläden oder Vereinsanlässe nichts ändern wird. Auch der Schweizer Tierschutzstandard bleibt erhalten. «Schlachtung ohne Betäubung wird auch weiterhin nicht erlaub sein», erklärte BLV-Vizedirektor Michael Beer an der Medienkonferenz.

Nächste Schritte und Abstimmungstermin: Der Bundesrat will bis März mehrere offene Fragen klären und die Botschaft zum Vertragspaket finalisieren. Danach ist das Parlament am Zug. Es ist weiterhin unklar, ob das Vertragspaket als Ganzes oder aufgeteilt zur Abstimmung kommt. Der Bundesrat tendiere jedoch dazu, dass das Paket als Ganzes vors Volk kommt, so Ignazio Cassis. Der Zeitpunkt der Abstimmung hänge auch vom Parlament ab: «Es wäre theoretisch möglich, dass wir 2027 darüber abstimmen. Braucht das Parlament länger wird es wohl nicht mehr 2027 sein.»

Den Liveticker zur Medienkonferenz gibt es hier zum Nachlesen:

Themen in diesem Liveticker

  • Die Medienkonferenz ist beendet
  • Zuwanderung: Droht Verfassungsbruch?
  • Wie geht es weiter mit dem Vertragspaket?
  • Wasserkraft: Ist Rolle der Kantone bei Konzessionen gefährdet?
  • Budliger: «Optimismus ist unentbehrlich»
  • Weshalb der Begriffswechsel hin zu «Bilaterale III»?
  • Zur Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit
  • Cassis: «Stabile Beziehung zur EU ist strategische Notwendigkeit»
  • Minimalvergütung für Solarstrom und Nutzung der Wasserkraft
  • Lohnschutz bleibt Knackpunkt – Gespräche gehen weiter

SRF4 News, 05.12.25, 15 Uhr ; 

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