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Nach Freysingers Abwahl «Die Verankerung der SVP in der Westschweiz bleibt prekär»

Die SVP kommt in der Westschweiz auf keinen grünen Zweig. Wieso? SRF-Korrespondent Sascha Buchbinder erklärt.

SRF News: In welchem Zusammenhang steht die Abwahl Freysingers mit der Situation der SVP in der Westschweiz?

Sascha Buchbinder: Das ist schon typisch SVP. Die Partei hat nicht einfach einen Sitz verloren, sondern sie trägt in keinem einzigen welschen Kanton mehr Regierungsverantwortung.

Sascha Buchbinder

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Sascha Buchbinder

Für Radio SRF ist Sascha Buchbinder Korrespondent für die Westschweiz und das Bundesgericht in Lausanne. Zuvor arbeitete er in der Inlandredaktion in Bern.

Natürlich ist das zweisprachige Wallis nicht typisch für die Romandie. Und natürlich ist Oskar Freysinger ein besonders radikaler Vertreter der SVP, seine Provokationen durch rechtsextreme Symbole und internationale Kontakte zur neuen Rechten entsprechen nicht der Parteilinie.

Darüber hinaus aber muss man sich vor Augen halten: Die Blocher-SVP ist in der Romandie eine relativ junge Partei. Sie ist in keinem Kanton stärkste Kraft. Ihre Erfolge der letzten zehn Jahre sind ein Echo der Linie der nationalen Partei, die lokale Verankerung hingegen bleibt prekär und die Personaldecke ist dünn.

Wurde der Zenit schon erreicht?

Längerfristig wüsste ich nicht, was ein weiteres Wachstum der SVP in der Romandie verhindern sollte. Zumal sich die Romandie politisch der Deutschschweiz angenähert hat. Aber der Weg von einer Partei in ihren Wachstums- und Flegeljahren zur dominierenden Kraft ist weit. Bei den nächsten Wahlen in Neuenburg und in der Waadt, dürfte es die SVP schwer haben.

In Neuenburg nämlich ist Yvan Perrin 2014 in der Regierung gescheitert. Aktuell heisst ihr Spitzenkandidat Jean-Charles Legrix. Ein polarisierender Typ, der letztes Jahr als Stadtrat von La Chaux-de-Fonds die Wiederwahl verpasste.

In der Waadt setzt die Partei mit Jacques Nicolet auf einen Vertreter des bäuerlichen Flügels, aber die internen Grabenkämpfe der letzten Jahre haben die Partei derart geschwächt, dass derzeit eine Wahl Nicolets überraschend wäre.

Mit Parmelin erhoffte man sich einen Schub. Was ist daraus geworden?

Längerfristig kann der Waadtländer Bundesrat seiner Partei durchaus helfen, dass sie in der Romandie weniger als trojanisches Pferd der Deutschschweizer wahrgenommen wird. Aber ein Parmelin-Fieber ist derzeit nicht wahrnehmbar. Der Bundesrat hat bisher nichts geleistet, was die Romandie besonders betroffen oder die Menschen hier begeistert hätte.

In der Romandie hat die SVP also keinen einzigen Regierungsrat mehr. Was fehlt?

Die SVP ist hier zu wenig verwurzelt. Spricht man mit Parteistrategen, dann zeichnen sie einen Fahrplan, der zunächst Aufbauarbeit in den Gemeinden und im Kantonsrat vorsieht. Ein Mittel dazu ist der Wahlkampf auf der Strasse. Konkret: Unterschriftensammlungen für Initiativen gegen Grenzgänger in Neuenburg und Genf oder gegen Muslime wie in der Waadt. Aber wenn Christoph Blocher die Romands wieder mit Behauptungen vor den Kopf stossen sollte, dass den Romands halt das richtige Schweizer Bewusstsein fehle, dann macht er im Handumdrehen viel Aufbauarbeit zunichte.

Das Interview führte Alexandros Koulouris.

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