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Nach jahrelangem Tauziehen Armenier-Denkmal in Genf eingeweiht – trotz Kritik der Türkei

Wenn es um die Greueltaten an den Armeniern zwischen 1915 und 1917 geht, sprechen Armenien und andere Staaten von Völkermord. Für die Türkei sind es hingegen «kriegsbedingte Ereignisse». Man habe die Armenier deportieren müssen – wegen Kollaboration mit dem Kriegsgegner Russland. Dass dabei viele ums Leben gekommen seien, sei zwar betrüblich, aber kein «Völkermord». Damals starben bis zu 1,5 Millionen Menschen. Auch der Schweizer Nationalrat stufte die Greueltaten als Genozid ein.

Nun steht nach jahrelanger Diskussionen in Genf ein Mahnmal im Parc Trembley. Es besteht aus neun Laternen im Stile der 1920er Jahre. Am Werk des armenisch-französischen Künstlers Melik Ohanian hängen aber an den Laternenarmen an Stelle von Glühbirnen Tränen aus Stahl. Damit will man dem Völkermord an den Armeniern gedenken.

Jahrelanges Tauziehen

Besonders umstritten war der Standort des Mahnmals. Als erster Standort war die Bastion de Saint-Antoine vorgesehen gewesen. Dieser Ort wurde nach der Entdeckung von archäologischen Funden jedoch rasch verworfen.

Die Stadtregierung schlug danach den Park des Museums Ariana vor. Dieser neue Standort sorgte wegen seiner Nähe beim Sitz der Vereinten Nationen für diplomatische Spannungen mit der Türkei. Es folgte sogar diplomatischer Druck aus Ankara.

Anwohner wehrten sich

Darauf hielt die Schweizer Landesregierung die Stadt Genf im Namen der Neutralität und des internationalen Genf dazu an, den Standort zu überdenken. So entschied sich die Stadt Genf für den Park Trembley. Aber auch dort wehrten sich Anwohner dagegen.

Deren Anwalt und SVP-Nationalrat Yves Nidegger machte geltend, dass das Argument der Neutralität auch für den Park Trembley gültig sei. Das Genfer Kantonsgericht trat jedoch nicht auf die Beschwerden der Anwohner ein und hob zudem deren aufschiebende Wirkung auf.

Obwohl Nidegger den Entscheid vor dem Bundesgericht angefochten hat, wurden die «Réverbères de la mémoire» inzwischen aufgebaut und eingeweiht. Das provozierte erneut Protestnoten der Türkei.

«Neutralität der Schweiz ist überschattet worden»

Der Verband der türkischen Vereine der Westschweiz sprach in einem zweiseitigen Inserat in der Zeitung «Tribune de Genève» von einer «Beleidigung für die internationale Bedeutung von Genf».

Auch die türkische Botschaft in Bern ärgert sich über das Mahnmal. Sie kritisiert in einer Mitteilung die «einseitige Geschichtserzählung». Mit der Einweihung des Denkmals sei die Neutralität der Schweiz überschattet worden.

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