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Nach Läderach-Skandal Verjährung möglich: Staatsanwaltschaft befragt mutmassliche Opfer

Rund um die Missbrauchsvorwürfe an der Schule «Domino Servite» werden Einvernahmen mutmasslicher Opfer durchgeführt.

Gegen die evangelikale Privatschule «Domino Servite» in Kaltbrunn (SG) stehen zahlreiche, teils schwerwiegende Vorwürfe im Raum. Ob diese jedoch noch strafrechtlich verfolgt werden können, klärt die St. Galler Staatsanwaltschaft jetzt ab.

Rund um die Missbrauchsvorwürfe haben sich mehrere mögliche Opfer bei der Staatsanwaltschaft gemeldet. Nächste Woche seien diverse Einvernahmen geplant: «Wir erhoffen uns neue Erkenntnisse, die uns allenfalls ermöglichen, ein Verfahren aufgrund der Aussagen aufzubauen», sagt Leo-Philippe Menzel, Mediensprecher der St. Galler Staatsanwaltschaft.

Bereits eine Untersuchung ausgesetzt

In jedem konkreten Einzelfall wird geprüft, ob ein Verfahren überhaupt eröffnet werden kann – oder ob es verjährt ist. Denn die meisten Missbrauchsfälle beziehen sich auf die Jahre zwischen 1995 und 2002.

Die Staatsanwaltschaft konfrontiert nicht einfach wahllos mögliche Opfer.
Autor: Leo-Philippe Menzel Mediensprecher, Staatsanwaltschaft Kanton St. Gallen

Schon vor etwa einem Jahr wurde die St. Galler Staatsanwaltschaft deswegen aktiv. Damals deckte eine externe Untersuchung die Missstände auf. Weil die Vorwürfe in diesem Bericht aber anonym und zu wenig konkret waren und Missbrauch als Überbegriff kein Straftatbestand ist, hat die Staatsanwaltschaft die Untersuchung sistiert.

Strasse führt zu Schulgebäude
Legende: Die betroffene Schule in Kaltbrunn (SG) heisst heute «Christliche Schule Linth» Keystone / Gian Ehrenzeller

«Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, blosse Vermutungen reichen nicht», sagt Leo-Philippe Menzel. Das heisst: Man muss genau wissen, was wann passierte, wer das Opfer und wer der Täter war. Das sei damals nicht der Fall gewesen. Hinzu kommt: «Die Staatsanwaltschaft konfrontiert nicht einfach wahllos mögliche Opfer. Das ist eine psychische Belastung.» Und könne viel auslösen.

Jetzt allerdings ist der Fall anders als vor einem Jahr. Die Opfer haben teils mit Namen öffentlich ausgesagt, haben die Übergriffe beschrieben, mutmassliche Täter und Zeitpunkte genannt. Das jüngste Beispiel: Kelly erzählte am Mittwoch bei «10 vor 10», wie sie als 12-Jährige geschlagen und vergewaltigt worden sei.

Bei Tätlichkeiten wie Ohrfeigen oder einem Klaps auf den Hintern stellt sich die Frage der Verjährung. Da ist es wohl bereits zu spät. Die Taten liegen über 20 Jahre zurück und können nicht mehr verfolgt werden. Leo-Philippe Menzel von der Staatsanwaltschaft sagt: «Gewisse Taten sind nur auf Antrag strafbar und verjährungsbedingt nur für kurze Zeit verfolgbar.»

Anders sieht es aber beim Fall der Vergewaltigung aus, dem bislang schwerwiegendsten Vorwurf rund um die Schule im Kanton St. Gallen: «Es ist möglich, dass allfällige Vergewaltigungsdelikte noch nicht verjährt sind. Das muss aber im Einzelfall geprüft werden», sagt Leo-Philippe Menzel. Das wird mit den Einvernahmen, die nächste Woche starten, getan. Die Missbrauchsvorwürfe an der christlichen Privatschule «Domino Servite» Hof Oberkich in Kaltbrunn beschäftigen die Justiz aufs Neue.

SRF1 Regionaljournal Ostschweiz, 12.10.2023, 17:30 Uhr ; 

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