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Nach tödlichem Unfall Bahnpersonal fordert Fahrstopp für Unfall-Modell

  • Das Zugpersonal fordert von den SBB nach dem tödlichen Bahnunfall am Sonntag einen Fahrstopp für den betroffenen Wagentyp EW IV.
  • Das Bahnunternehmen will diesen bei den alle paar Tage stattfindenden ordentlichen Kontrollen überprüfen.
  • Bevor die Unfallursache geklärt ist, will die SBB keine weiteren Massnahmen ergreifen.
  • Mehrere hundert Arbeitskollegen gedachten derweil im Zürcher Hauptbahnhof des verunfallten Zugchefs mit einem Hupkonzert von Lokomotiven und einer Schweigeminute.

Nach dem tödlichen Unfall in Baden (AG), bei dem ein Zugchef in einer Wagentür eingeklemmt und mitgeschleift wurde, sollen die Wagen sofort von der Schiene genommen werden. Dies forderte Andreas Menet, Zentralpräsident des Schweizer Zugpersonalverbands, in den Zeitungen von «CH Media».

«Jeder Wagen muss gecheckt werden, bevor er wieder auf die Schiene gelassen wird», wird Menet zitiert. Insgesamt sind in der ganzen Schweiz 493 Wagen des betreffenden Typs EW IV im Einsatz.

«Es geht um Menschenleben»

Dem seit 38 Jahren im Einsatz stehenden Zugbegleiter ist kein vergleichbarer Fall bekannt. «Umso wichtiger ist es, dass nun genau geklärt wird, was passiert ist. Es geht schliesslich um Menschenleben», wird Menet weiter zitiert.

Auch der Vizepräsident der Eisenbahngewerkschaft SEV, Manuel Avallone, forderte umgehende Kontrollen. Er erklärte gegenüber «Blick.ch», wenn das Risiko bestehe, dass sich ein solcher Unfall wiederholen könne, müssten alle Züge dieses Typs aus dem Verkehr gezogen werden.

Problem lange bekannt?

Mehrere Zugbegleiterinnen sagen auf Anfrage von SRF News, es sei schon lange bekannt, dass die Türen nicht mehr richtig funktionierten. Der Vorwurf: Die SBB habe das Problem schon lange gekannt und zu wenig unternommen.

Toni Häne, Leiter Personalverkehr bei der SBB, weist die «Spekulationen» entschieden zurück: «Wir werden die Systeme jetzt aber ausserhalb des üblichen Turnus durchchecken.» Weitere Massnahmen will die SBB erst ergreifen, wenn die unabhängige Unfalluntersuchungsstelle geklärt hat, was genau zum tödlichen Unfall geführt hat.

Schweigeminute für Zugchef

Hunderte Arbeitskollegen gedachten im Zürcher Hauptbahnhof des verunfallten Zugchefs. Kurz vor 13 Uhr setzten mehrere Lokomotiven zu einem ohrenbetäubenden Hupkonzert an, die SBB-Mitarbeitenden unterstützten sie mit ihren Trillerpfeifen.

Danach gab es eine Schweigeminute. Mitarbeitende unterschrieben in das Kondolenzbuch, das in der Bahnhofshalle aufgelegt wurde, daneben Grabkerzen und ein Bild des getöteten Zugchefs.

SBB: Keine Gefahr für Passagiere

SBB-Chef Andreas Meyer hatte am Donnerstag nach Bekanntwerden des Unfalls vom Wochenende vor den Medien erklärt, sämtliche Wagen sollten im Rahmen der regulären Kontrollen, die im Abstand von sieben bis zehn Tagen durchgeführt werden, überprüft werden. Bei einem Fahrstopp für alle Wagen des vom Unfall betroffenen Typs können die SBB laut eigenen Angaben den Bahnbetrieb nicht mehr gewährleisten.

Die betroffenen Wagen der SBB
Legende: Gegen 500 Stück des Wagentyps EW IV sind auf Schweizer Schienen im Einsatz. Keystone

Für Passagiere besteht laut SBB-Chef Meyer keine Gefahr. Das Zugpersonal prüfe vor jeder Abfahrt, ob alle Fahrgäste eingestiegen seien.

Unfallursache noch immer unklar

In der Nacht auf Sonntag war bei der Zugsabfertigung eines Interregios in Baden AG der 54-jährige Zugchef tödlich verletzt worden. Er wurde bei einer Türe eingeklemmt und mitgeschleift. Die Unfallursache ist unklar. Im Vordergrund steht laut der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) ein technischer Defekt, bei dem das Einklemmschutzsystem versagt habe.

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