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Uber-Urteil hat bereits Folgen in Genf
Aus Tagesschau vom 04.06.2022.
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Nach Urteil des Bundesgerichts Uber bietet in Genf keine Fahrten mehr an

Uber-Fahrerinnen und Fahrer sind keine Selbstständigen, sondern Angestellte, entschied das Bundesgericht. Das Urteil hat bereits Folgen in einem ersten Kanton.

Wer am Samstag in Genf eine Uber-Fahrt bestellen wollte, kam mit der App nicht zum Ziel. Der Dienst wurde nach dem Urteil des Bundesgerichts bereits eingestellt. Das freut die Taxi-Chauffeure neben dem Bahnhof. Einige von ihnen hatten selber gegen die Präsenz von Uber in Genf demonstriert.

«Das ist ein grosser Sieg. Ich habe gar nicht geschlafen, weil ich so glücklich war und stattdessen all meine Freunde angerufen», sagt ein Genfer Taxifahrer. Ein anderer pflichtet ihm bei: «Wir haben viel unter Uber gelitten. Ich bin seit 37 Jahren Taxifahrer, aber seit es Uber gibt, erwirtschafte ich nur noch rund 60 Prozent meines Einkommens.»

1700 Personen in Genf kurzfristig arbeitslos

Profitieren würden nun beide – Taxifahrer und Uber-Chauffeure, so der Tenor am Bahnhof Genf. Denn als Angestellte haben die Fahrerinnen und Fahrer neu Anrecht auf Lohn und Sozialabgaben, auch rückwirkend.

Kurzfristig aber sind die 1700 Betroffenen in Genf ohne Arbeit. Laut der Gewerkschaft Unia muss der Kanton die Fahrerinnen und Fahrer unterstützen, damit sie nicht einzeln für ihre Rechte kämpfen müssen. «Arbeitsrechtlich sind es 1700 individuelle Fälle. Es braucht darum einen kollektiven Ansatz – da erwarten wir Antworten von der Kantonsregierung», betont Helena Verissimo de Freitas, stellvertretende Regionalsekretärin der Unia Genf.

Uber ist jetzt mein Patron und muss das bezahlen. Alles andere ist Betrug den Fahrern gegenüber.
Autor: Aria Jabbarpour Uber-Chauffeur in Genf

Uber-Chauffeur Aria Jabbarpour hat sich bereits mit Gleichgesinnten zusammengeschlossen, um gegen Uber vor Gericht zu ziehen. «Ich werde alle Auslagen deklarieren, fürs Auto und was ich sonst für meinen Arbeitgeber bezahlt habe. Uber ist jetzt mein Patron und muss das bezahlen. Alles andere ist Betrug den Fahrern gegenüber», macht Jabbarpour klar.

Unklar, ob Uber wirklich in die Bresche springt

Klar ist auch: Für die Betroffenen braucht es nun schnelle Antworten. «Mit dem Bundesgerichtsurteil herrscht jetzt rechtlich Klarheit. Für die Direkt-Betroffenen ist die Situation jedoch äusserst unsicher», sagt SRF-Korrespondentin Felicie Notter in Genf. Einerseits hätten sie ab heute kein Uber-Einkommen mehr, andererseits sei es unklar, ob sie jemals von Uber angestellt werden und ob sie rückwirkend Sozialleistungen erhalten.

Gemäss Informationen von SRF hat Uber die Fahrerinnen und Fahrer nächste Woche zu Informationsveranstaltungen eingeladen und von Lösungen gesprochen, ohne jedoch konkret zu werden.

3 Fragen an Arbeitsrechtsexperte Thomas Geiser

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SRF News: Hat das Urteil des Bundesgerichts Signalwirkung für die ganze Schweiz?

Thomas Geiser: Entschieden hat das Bundesgericht eigentlich nur über das Taxigesetz im Kanton Genf. Doch im Urteil steht ausdrücklich, dass die Uber-Fahrerinnen und -Fahrer Arbeitnehmer und somit Angestellte sind. Das wird das Bundesgericht natürlich in einem nächsten Urteil nicht anders entscheiden und hat folglich durchaus für die ganze Schweiz Geltung.

Die Gewerkschaften möchten die Regelung von Genf nun auf die ganze Schweiz ausweiten. Müssen die Uber-Fahrer in allen Kantonen an die kantonalen Gerichte gelangen?

Im Prinzip ja. Es ist zu unterscheiden zwischen den arbeitsrechtlichen und den sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Im Arbeitsrecht ist es so: Wer nicht klagt, bekommt nichts. Also müssten die Chauffeure selber aktiv werden, Uber einklagen und die entsprechenden Forderungen stellen. Bezüglich den sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen ist der Staat gefordert, dass die entsprechenden Ämter diese Beiträge einklagen.

Was bedeutet das konkret für Uber? Ist dies das Aus für Uber in der Schweiz?

Diesen Eindruck teile ich nicht. Uber muss einfach das Geschäftsmodell überdenken, weil sie jetzt selbstverständlich einen hohen Teil der Einnahmen an die Fahrer weitergeben, weil diese auch entsprechende Kosten haben. Nach diesem neuen Urteil muss Uber diese Kosten übernehmen. Also muss sich Uber überlegen, ob allenfalls weniger an die Fahrer ausbezahlt und mehr zurückbehalten wird. Arbeitsrechtlich ist das nach wie vor relativ einfach lösbar. Es ist ein absoluter Irrtum zu glauben, dass das ein Arbeitsverhältnis etwas sei, das ein Geschäft verhindert. Im Gegenteil, das funktioniert bestens.

Thomas Geiser ist emeritierter Professor für Arbeitsrecht der Universität St. Gallen.

Tagesschau, 04.06.2022, 19:30 Uhr;

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